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Todeskapsel: Schon wieder scheitert Premiere in der Schweiz – Sarco-Kandidatin erhebt schwere Vorwürfe

Die Premiere mit der Todeskapsel in der Schweiz ist vorerst gescheitert. Kandidatin Nr. 1 hat sich zurückgezogen und kritisiert die Erfinder und Promotoren von Sarco heftig. Diese widersprechen und wollen einen neuen Anlauf nehmen – ebenfalls hierzulande.

Der «Tesla für Sterbewillige» kommt nicht zum Einsatz.Zumindest nicht dieser Tage und Wochen in der Schweiz, wie dies die Sterbehilfeorganisation Exit International noch vor wenigen Tagen angekündigt hatte.

Wie die NZZ am Mittwoch schreibt,hat die erste Kandidatin für den Einsatz mit der Todeskapsel Sarco ihr Interesse nämlich zurückgezogen und sich mit einer anderen Sterbehilfeorganisation aus dem Leben verabschiedet.Laut dem Bericht hätte die Frau aus den USA am 17. Juli, ihrem 55. Geburtstag, in der Schweiz mit Sarco aus dem Leben scheiden wollen.

Doch so weit kam es nicht. Und wie die NZZ aus einem Schreiben der Kandidatin Nr. 1 zitiert, liegt einiges im Argen rund um Sarco und dessen Erfinder und Promotor Philip Nitschke und dessen Mitstreiter. Sie erhebt in dem Schreiben nämlich schwere Vorwürfe gegen die Macher der als «Tesla für Sterbewillige» bekannt gewordenen Suizidmöglichkeit.

Heftige Kritik an Sarco-Promotoren

Kurz zusammengefasst: Am Ende fühlte sich die Frau «ausgenutzt, vorgeführt und alleingelassen», wie die NZZ schreibt. So habe sie mit ihrem Ersparten für Auslagen der Begleiter auf ihrem letzten Weg durch die Schweiz aufkommen müssen.

Dabei sei sie dauernd von Medien begleitet worden, selbst wenn sie sich explizit dagegen gewehrt habe. Und nachdem sie nicht mehr als erste Nutzerin der Suizidkapsel infrage gekommen sei, hätten die Sarco-Leute sie einfach in Zermatt sitzen lassen, so die NZZ.

Schliesslich, so die Kandidatin Nr. 1, habe sie aus den Medien erfahren, dass die Methode zur Selbsttötung durch Stickstoff hierzulande umstrittener sei, als ihr dies im Vorfeld dargestellt worden sei. Das habe das Fass schliesslich zum Überlaufen gebracht, so der Bericht.

Wer Suizidgedanken hat oder einer Person mit Suizidgedanken helfen will, findet rund um die Uhr Unterstützung bei der Dargebotenen Hand unter der Telefonnummer 143.

Laut dem Bericht widersprechen die Sarco-Macher den Aussagen der US-Amerikanerin allerdings diametral. Die Vertreter von Exit International hätten darauf bestanden, ihre eigenen Auslagen – Lebensmittel, Restaurantrechnungen, Tickets – von ihrer Kreditkarte abzubuchen, so der Bericht.

Ist Kandidatin Nr. 1 psychisch Krank?

Dass die Sarco-Premiere in der Schweiz nicht wie geplant stattfinden würde, hat die Sterbehilfeorganisation Exit International am vergangenen Sonntag bereits selber publik gemacht. Angesichts der gesundheitlichen Situation der Kandidatin Nr. 1 solle diese «nun eher psychische Betreuung als Beihilfe zum Selbstmord erhalten», wurde der Australier Philip Nitschke in der Mitteilung zitiert.

Der Hintergrund der Geschichte: Wegen eines Nierenleidens war die Frau seit Jahren auf Dialyse angewiesen und litt an Polyneuropathie, einer Erkrankung des peripheren Nervensystems. Wie die NZZ weiter schreibt, war sie wegen ihrer Krankheiten an den Rollstuhl gefesselt und stark übergewichtig.

Wie die US-Amerikanerin innert derart kurzer Frist in der Schweiz allerdings eine andere Sterbehilfeorganisation und einen für die Selbsttötung nötigen Arzt als Gutachter finden konnte, die ihrem letzten Wunsch entsprachen, geht aus dem Bericht nicht hervor.

Bereits vor zwei Jahren fiel Premiere ins Wasser

Die Sarco-Konkurrenten haben sich stets kritisch geäussert über die Todeskapsel – aus organisatorischer, juristischer und technischer Sicht. Der Schweizer Exit-International-Ableger namens The Last Resort, der die Sarco-Premiere hierzulande organisieren sollte, ist dabei nicht zu verwechseln mit den ähnlich klingenden Selbsthilfeorganisationen Exit Schweiz mit unabhängigen Ablegern in der deutschen und welschen Schweiz.

Anders als bei herkömmlichen Suizidmethoden drückt die sterbewillige Person bei Sarco einen Knopf, der Stickstoff in die Todeskapsel strömen lässt. Laut Exit International soll darauf innert Minuten der Tod durch Ersticken eintreten. Bislang ist die Methode noch nirgends angewandt worden. Aus der Wissenschaft gibt es grosse Bedenken, dass diese Suizidform bedenkenlos funktioniere.

Sarco-Erfinder und -Promotor Philip Nitschke (r.) und Florian Willet sprechen Mitte Juli über die Premiere der Todeskapsel in der Schweiz.
Bild: Keystone

Die nun bekannt gewordene neueste Wendung in der bereits seit Jahren angekündigten Sarco-Premiere in der Schweiz kommt allerdings nicht ganz überraschend. Bereits 2022 war ein erster Anlauf für einen Suizid mit der Todeskapsel hierzulande gescheitert. Grund war damals, dass die hiesigen Partner quasi in letzter Minute kalte Füsse bekommen hatten.

Wie heute (mit Anwendungsverboten in Schaffhausen und im Wallis) scheiterte das Vorhaben auch damals an rechtlichen Fragen. Zum Übungsabbruch hat 2022 die Erkenntnis beigetragen, dass die rechtliche Situation hierzulande weniger eindeutig sei, als sich dies die Sterbehilfe-Aktivisten erhofft hatten.

Betroffen vom damaligenÜbungsabbruch waren laut NZZ gleich mehrere Sterbewillige aus dem Ausland.Diese waren laut dem Verein ebenfalls bereits einmal auf der Warteliste von Exit International gestanden, um als erste ihr Leben in der Suizidkapsel in der Schweiz zu beenden.(sat)