Umbruch oder Abbruch? Der FC Zürich taumelt mit einem umgebauten Team der Abstiegsrunde entgegen
Als das Spiel zu Ende war und der FC Zürich erstmals seit zweieinhalb Jahren wieder einen Klassiker gegen den FC Basel verloren hatte, konnten sich die Zürcher beim FC Luzern bedanken. Nur weil die Innerschweizer gegen St. Gallen gewannen, rutschte der FCZ nicht erstmals seit der Einführung der Zwölferliga im Sommer 2023 auf einen Platz unter dem Strich.
Aber es scheint: Dieser Fall in die untere Tabellenhälfte ist nur aufgeschoben. Der FCZ befindet sich sportlich nämlich so etwas wie in einem freien Fall. Ende November noch Leader, gewann er von den letzten neun Meisterschaftsspielen nur eines.
Doch die aktuelle, sportliche Krise ist für viele im Klub-Umfeld gerade nur ein Nebenschauplatz. Andere Baustellen sind grösser. Es geht um das, was Captain Yanick Brecher am Sonntag nach dem 0:1 gegen Erzrivale Basel so umschrieb: «Es ist keine einfache Zeit, es ist sehr turbulent.»
Ein prominentes Quartett ist seit Anfang Jahr weg
Denn im FCZ passiert in diesen Tagen nichts anderes als der Umbau eines Teams, das bis zur Winterpause vorne mitspielte. Aber jetzt sind Stützen aus erfolgreicheren Tagen weg. Einer nach dem anderen ist seit Anfang Jahr gegangen: Cheikh Condé, Jonathan Okita, Nikola Katic und letzte Woche auch noch der Publikumsliebling Antonio Marchesano.
Wie schnell im «Home of FCZ» in Zürich-Schwamendingen in diesen Tagen die Spinde geleert werden, zeigt dieses Beispiel: Nemanja Tosic, der – zugegeben – in dieser Saison keine zentrale Rolle spielte, hätte gegen Basel in der Verteidigung auflaufen sollen. Doch am Spieltag gab der FCZ bekannt, dass auch der Serbe den Klub verlässt.
So stand dann also eine Mannschaft gegen Shaqiri & Co. auf dem Platz, die nicht nur mit 24 Jahren einen tiefen Altersdurchschnitt aufwies, sondern die auch noch sehr experimentell aufgestellt wurde. Mit den Flügeln Junior Ligue und Samuel Ballet in der Dreierabwehr, mit Steven Zuber im zentralen Mittelfeld, mit der selten gesehenen Formation eines Zweimann-Sturmes.
Aber, und das muss man dem Trainer Ricardo Moniz zu Gute halten: Sein FCZ war den favorisierten Baslern nur in der Anfangsphase der zweiten Halbzeit unterlegen, vor der Pause dagegen bestimmten die Zürcher das Geschehen. Und doch war es vielleicht dann eben die Unerfahrenheit, welche die Zürcher die Punkte kostete. Nach 32 Minuten scheiterte Mounir Chouiar mit einem schwach geschossenen Penalty an Basel-Torhüter Marwin Hitz, im Gegenzug liess sich die nicht eingespielte Zürcher Abwehr von einem Shaqiri-Freistoss düpieren und ermöglichte Kevin Carlos, den Ball mit dem Kopf zum entscheidenden 1:0 ins Tor zu lenken.
Ancillo Canepa spricht von Kaderanpassungen
Der FC Zürich zeigte mit seinem jungen Team gute Ansätze. Er kann in dieser Zusammensetzung eine Zukunft haben. Aber es stellen sich auch Fragen: Wie um Himmels willen will dieser FCZ sein Saisonziel erreichen und sich einen Europacup-Platz ergattern? Und wie will der FCZ ohne Europacup-Gruppenphase lukrative Transfers tätigen? Nach einem Herbst ohne internationale Auftritte haben die Zürcher jedenfalls in den letzten Wochen Spieler wie Condé oder Okita deutlich unter Marktwert abgeben müssen.
Doch Klub-Präsident Ancillo Canepa, der schon Ende letzten Jahres 7,5 Millionen Franken einschiessen musste, will von einer Fehlplanung oder sogar von einem Umbruch nichts wissen. «Diese Abgänge bedeuten nur eine Kaderanpassung. Die Spieler wollten uns verlassen, nicht wir sind das proaktiv angegangen», so Canepa gegenüber dem TV-Sender «Blue».
Trotzdem: Als der FCZ vor knapp vier Monaten das erste Duell der Saison gegen Basel auswärts 2:0 gewann, standen mit Katic, Mirlind Kryeziu, Condé, Ifeanyi Mathew und Marchesano sechs Spieler in der Startformation, die nun entweder weg sind oder bald weg sein werden. Das ist während einer laufenden Meisterschaft mehr als bloss eine Kaderanpassung. Das ist sogar mehr als ein Umbruch. Das ist zumindest kurzfristig ein Abbruch der Ambition, in der Super League einen Spitzenplatz zu belegen.