
YB meldet mit dem 2:1-Sieg in Basel Meisterambitionen an
Christian Fassnacht hat einen Insider-Joke mit seinem ehemaligen Teamkollegen Cédric Zesiger. Fassnacht habe einen Magnet im Kopf, sagt Zesiger jeweils, weil der Ball bei Standardsituationen sehr häufig den Schädel des YB-Offensivspielers findet. In Basel aber, in diesem Spitzenspiel, hat sich der Magnet vom Kopf in den Fuss von Christian Fassnacht verlagert. Zweimal steht der 31-Jährige goldrichtig und schiesst die Berner Young Boys zum Erfolg in Basel. Zunächst trifft er nach nur 45 Sekunden zum 1:0, in der 78. Minute schiesst er schliesslich den Siegtreffer.
Nach dem ersten YB-Sieg im Joggeli seit fünf Jahren sind die Berner nun wieder so richtig zurück im Meisterrennen. Nur noch fünf Punkte beträgt der Rückstand des aktuellen Schweizer Meisters auf die Tabellenspitze, die trotz der Niederlage gegen Yverdon noch immer Servette innehat. Die YB-Spieler aber halten nach dem starken Auftritt in Basel den Ball flach; Fassnacht, Captain Loris Benito und Goalie Marvin Keller sagen unisono, dass sie von Spiel zu Spiel schauen. «Das sind keine Floskeln», stellt Benito klar. «Wir haben einen weiten Weg hinter uns.»
Nach dem letzten Spiel in Basel war YB Letzter
Die YB-Spieler wissen, wo sie herkommen. Beim letzten Auswärtsspiel der Berner in Basel war die Situation noch eine ganz andere als heute. Nach dem 0:1 in Basel im Oktober waren in der Super League neun Runden gespielt und YB mit nur sechs Punkten Tabellenletzter in der Liga. Patrick Rahmen musste in der Folge gehen, doch auch unter Interimstrainer Joël Magnin wurden die Leistungen nur leicht besser. Selbst als Anfang Jahr mit Giorgio Contini der ehemalige Nati-Assistent das Zepter übernahm, stellte sich der Erfolg nicht von heute auf morgen ein. Langsam nehmen die Berner den Weg bergauf, aber ohne die grossen Sprünge. Zu Hause im Wankdorf auf Plastik funktioniert YB besser, auswärts aber stockt der Motor der Berner noch gehörig. Der Sieg in Basel ist erst der dritte Auswärtserfolg in dieser Saison – und deshalb doppelt wichtig für YB. «Vor dem Spiel hiess es noch, dass wir auswärts auf Naturrasen nicht gut seien», stellt Giorgio Contini nach dem Erfolg fest. Und Loris Benito sagt: «Für uns ist ein solcher Erfolg in Basel auch wichtig für unser Selbstvertrauen. Ein Auswärtssieg nach vielen schlechten Partien auf fremden Plätzen tut uns sehr gut.»

Bild: Claudio De Capitani / Freshfocus
In Basel ist es auch die Effizienz, die den Ausschlag zugunsten der Berner gibt. Fassnacht steht zweimal richtig – und schiebt zu den Toren ein, auf der Gegenseite können die Basler nur dank Philip Otele immerhin einen Treffer erzielen. Doch die Reaktion, die der Meister auf den Basler Ausgleich in der 67. Minute zeigt, ist bemerkenswert. Obwohl sich das Momentum in Richtung des Heimteams dreht, erhöhen die Berner den Druck und erzielen nicht unverdient den Siegtreffer. Benito sagt: «Im Herbst hätten wir das Spiel vielleicht noch verloren. In so einem Moment ist der mentale Aspekt sehr wichtig.»
Das Selbstvertrauen ist spätestens nach dem wichtigen Sieg im Spitzenspiel zurück bei YB. Einer, der für das zurückgekehrte Selbstvertrauen steht wie kein anderer, ist Christian Fassnacht. Seine Freude, nach seiner schwierigen Zeit in England wieder in der Schweiz zu spielen, ist dem ehemaligen Nati-Akteur in jedem Auftritt anzumerken. Zudem zeigt er, dass er von seinen beeindruckenden Qualitäten in der Offensive nichts eingebüsst hat. Ähnliches gilt auch für die beiden weiteren Wintertransfers, Mittelfeldstratege Rayan Raveloson und Torjäger Chris Bedia, die das Berner Team sogleich verbesserten und qualitativ wohl wieder zum Krösus der Schweizer Super League machen.
Dennoch bemüht sich auch Giorgio Contini, die gestiegenen Meisterhoffnungen flachzuhalten. Er sagt: «Wir sind nah dran, unter den ersten Sechs zu bleiben. Wenn wir das geschafft haben, können wir unsere Ziele revidieren. Es wäre überheblich, nach zwei guten Spielen schon wieder neue Ziele auszurufen.»
Von Meisterzielen wollen die Berner also noch nichts wissen. Dennoch würde es wohl zu dieser verrückten Super-League-Saison passen, wenn am Ende der Tabellenletzte nach neun Spieltagen doch noch Meister würde. Nach diesem Auftritt ist dies YB zuzutrauen.