Sie sind hier: Home > Ernährung > Doch kein Mittel für weniger Kilos? Süssstoffe verändern die Darmflora

Doch kein Mittel für weniger Kilos? Süssstoffe verändern die Darmflora

Aktuelle Studien zeigen: Süssstoffe eignen sich nicht wie erhofft zum Abspecken – und ihr Krebsrisiko ist auch nicht vom Tisch.

Egal, ob in Joghurt, Obstsaft, Cola oder sogar Fisch- und Fleischsalat: Süssstoffe gehören in Lebensmitteln mittlerweile zum Standard. Im Unterschied zu Zucker liefern sie wenig bis keine Kalorien, weswegen sich der Verbraucher von ihnen einen Schutz vor Diabetes und Übergewicht erhofft.

Die Wissenschafter um Eran Elinav vom israelischen Weizmann-Institut wollten wissen, inwieweit der Verzehr von Süssstoff die Darmflora und den Stoffwechsel von Menschen beeinflusst. Das Forscherteam teilte die Probanden in sechs Gruppen ein, die entweder drei Mal täglich ein Beutelchen mit Aspartam, Saccharin, Sucralose oder Stevia erhielten oder Zucker oder ein Placebo.

Blutzucker sprang in die Höhe

Nach zwei Wochen zeigten die Saccharin- und Sucralose-Probanden eine deutliche schlechtere Antwort in den Glukosetoleranztests: Ihr Blutzucker sprang in die Höhe. Solche Veränderungen können langfristig in Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen wie etwa Diabetes ausmünden.

Als man die Darmflora der Probanden untersuchte, entdeckte man vor allem in der Saccharin- und Sucralose-Gruppe, aber auch bei den übrigen Süssstoff-Anwendern eine deutliche Veränderung in der Zusammensetzung des Mikrobioms. Was im Resümee bedeutet: Süssstoffe können über ihren Einfluss auf das Mikrobiom im Darm zu Übergewicht und Diabetes beitragen. Und das Risiko dafür sei, bei Saccharin und Sucralose besonders gross, weil sie bei ihrem Weg durch den Körper länger im Darm verweilen.

Die israelischen Forscher stehen mit ihren Befunden nicht allein. Auch Düsseldorfer Forscher betonen, dass die Studiendaten insgesamt deutliche Hinweise darauf geben, «dass künstliche Süssstoffe zur Unterstützung der Gewichtsreduktion eher weniger geeignet sind.» So fand man für Sucralose, dass es in Kombination mit dem Kohlehydrat Maltodextrin die Insulinausschüttung anregen und dadurch die Fettverbrennung blockieren kann. Und die Kombination der beiden Substanzen sei im Alltag üblich.

Appetitanregender Effekt bei Frauen

Bei Frauen entfaltet Sucralose überdies, laut einer Studie der University of Southern California, einen auffälligen appetitanregenden Effekt. Ein funktionelles MRT ihres Gehirns offenbarte, dass dort die Appetitareale angesprungen waren. Studienleiterin Alexandra Yunker vermutet dahinter einen Trick der Evolution.

Demzufolge zeigen gerade junge Frauen eine grössere Sensibilität für den Geschmack für Lebensmittel, um – aus Gründen der Fortpflanzungssicherheit – sich und ihre Kinder mit ausreichend Kalorien zu versorgen. Und so verspüren sie eben einen starken Appetit, wenn man ihnen Sucralose kredenzt.

Das Image der Süssstoffe als Hilfe im Kampf gegen Übergewicht ist also ramponiert. Und als Krebsrisiko stehen sie plötzlich auch wieder in der Diskussion. Ursprünglich hiess es, dass man dazu exzessive Mengen konsumieren müsste. Doch laut einer Studie der Sorbonne in Paris reichen dazu wohl auch alltagsübliche Mengen.

Das Forscherteam hat ermittelt, dass regelmässige Süssstoffkonsumenten ein um 13 Prozent erhöhtes Krebsrisiko haben. Für Aspartam ergab sich sogar eine Steigerung von rund 15 Prozent, und unter den Krebsarten ging insbesondere beim Brustkrebs die Quote nach oben.

Rauchen und Bewegungsarmut sind deutlich höheres Risiko

Die französische Ernährungswissenschafterin will aber auch keine Panik verbreiten. Sie betont, dass die gesundheitlichen Risiken im Zusammenhang mit dem Süssstoffkonsum nur moderat ansteigen würden. Also nicht vergleichbar etwa mit Bewegungsmangel und Rauchen.

Prinzipiell lässt sich zudem nie ganz ausschliessen, dass die Krebs- und Infarktrisiken weniger durch den Süssstoffkonsum als vielmehr den ungesunden Lebensstil genau dieser Süssstoffkonsumenten nach oben gehen. Zum Zucker zurückkehren sollte man allerdings auch nicht, warnt Touvier. Der habe erst recht negative Folgen, wenn man ihn in grossen Mengen verzehre.