Eine Landesausstellung für 12 Millionen Besucher
Die Zeit sei reif, und Projekt Svizra 27 sei parat, im Jahr 2030 eine Landesausstellung durchzuführen. So steht es in der ersten Machbarkeitsstudie des Expo-Projekts. Nicht in den Startlöchern hockt jedoch der Bundesrat, der sich erst in vier Jahren überhaupt wieder mit dem Thema auseinandersetzen will, was eine mindestens fünfjährige Verzögerung bringen würde. Dazu macht Svizra 27 nun aber eine klare Ansage: «Sollte dies der Fall sein, sieht sich Svizra 27 ausserstande, das Projekt weiterzuverfolgen». Die Arbeiten würden eingestellt.
Zu einem Umdenken soll nicht zuletzt die für vier Millionen Franken erstellte Machbarkeitsstudie führen, die am Donnerstagabend vorgestellt wurde. Der unbekannte Zeitplan einer möglichen Durchführung lässt zwar viele Fragen offen, doch die inhaltlichen, finanziellen und organisatorischen Eckwerte sind darin beschrieben – und die grundsätzliche Machbarkeit dargelegt. Dies unter der Annahme, dass der Bund von den auf eine Milliarde Franken gedeckelten Kosten die Hälfte übernimmt.
Inhaltlich orientiert sich das Konzept am Vorschlag «Labor Ludens», der 2020 einen Ideenwettbewerb für sich entschieden hat. Elf Themen sollen an neun Standorten in den Nordwestschweizer Kantonen Aargau, Solothurn, Jura, Baselland und Basel-Stadt inszeniert werden, wobei in letzterem die thematischen Fäden zusammenlaufen. Für die «Raumzeitkapseln», in denen Zukunftsfragen spielerisch dargestellt werden sollen, wurden mittlerweile konkrete Orte gefunden. Deren Gemeinsamkeit besteht darin, dass es sich um Transformationsareale handelt, deren künftige Gestaltung ohnehin ausgehandelt werden muss.
Die Standorte und ihre Themen
Die thematische Verbindung zum Ort ist nicht immer gleichermassen nachvollziehbar. An den Aargauer Standorten Stein (Ernährung, Umwelt), Baden (Energie, Rohstoffe) und Aarau (Demokratie, Teilhabe) gelingt dies noch eher. Am ersten wirkt etwa der Agrokonzern Syngenta, der zweite ist mit der ABB verbunden, der Kantonshauptort war 1798 kurzzeitig die Bundeshauptstadt, zudem hat hier das Zentrum für Demokratie Aarau seinen Sitz.
Im Solothurnischen verknüpft Svizra 27 Olten (Sicherheit, Resilienz) mit seiner Funktion als Verkehrsdrehscheibe und Grenchen (Globalisierung, Welthandel) mit der Uhrenindustrie. Willkürlich scheinen die thematisch-örtlichen Brücken im jurassischen Delémont (Individuum, Gemeinschaft) und bei St. Ursanne in einem alten Bergwerk (Künstliche Intelligenz, Robotik). In Baselland wirkt der Konnex im Fall des geerdeten Städtchens Laufen (Virtualität, Weltall) eher komisch oder im Fall Arlesheim (Gesundheit, Fürsorge) am ehesten als Referenz zur anthroposophischen Weleda-Medizin, die im Ort angesiedelt ist.
Ein Hingucker: Eine Landesausstellung am Dreiländereck
Dass vieles für ein Gelingen zusammenpassen muss, zeigt sich beim Standort Basel. Svizra 27 möchte am liebsten den Westquai, einen Teil des Basler Rheinhafens am Dreiländereck, bespielen. Dieser soll ab 2029 in ein städtisches Quartier umgewandelt werden. Als eher langweilige Alternative stehen die grossen, meist brachen Messehallen im Zentrum der Stadt bereit, für die allerdings ebenfalls eine neue Nutzung entwickelt werden muss.
Aufgrund der Erfahrungen der «Expo 02» und einer Umfrage gehen die Macher von rund 7,5 Millionen Besuchenden aus, wobei jeweils gut 1 Million aus Frankreich und Deutschland anreisen. Da 30 Prozent wohl mehr als einen Tag unterwegs sind, wäre von rund 12,6 Millionen Besuchstagen im Verlauf der sechsmonatigen Ausstellungen auszugehen, an denen ein oder mehrere Standorte besucht werden. Schlechtes Wetter könnte diesen Wert allerdings um mehr als die Hälfte reduzieren, ein Expo-Hoch die Zahl auf über 16 Millionen anschwellen lassen. An «Peak Days» könnten so rund 25’000 Personen nach Basel strömen.
Ein Musterbudget mit einem Kostendach von einer Milliarde
Das Budget basiert auf einem Eintrittspreis von 50 Franken, wobei jede Person zusätzlich für 15 Franken konsumieren soll. An Besuchereinnahmen rechnet das Grobbudget mit 200 Millionen Franken. Eine gleiche Summe wird von der Privatwirtschaft als Sponsoringleistung erwartet. Je 50 Millionen Franken werden aus dem Rechteverkauf und von den beteiligten Kantonen und Standortgemeinden eingeplant. Bleiben zur Finanzierung noch eine halbe Milliarde Franken, die der Bund unverbindlich in Aussicht gestellt hat.
Auf der Ausgabenseite sollen 400 Millionen Franken für die eigentlichen Ausstellungen und weitere 50 Millionen für die zusätzlich benötigte Infrastruktur bereitstehen. Die Betriebskosten werden auf 180 Millionen und die Marketingausgaben auf 120 Millionen Franken geschätzt. Mit weiteren Ausgaben wie Mobilität (80 Mio. Fr.), Events (30 Mio.) oder Organisation (40 Mio.) sind 900 Millionen verplant; 100 Millionen sind derzeit als Reserve eingebucht.
Sparen lässt sich das Geld, wenn der Bundesrat seinem Fahrplan treu bleibt. Dann bleibt Svizra 27 ein Abschreiber von fünf Millionen Franken, die das Projekt bisher gekostet hat.