«Das Vertrauen in seriöse Medien wird untergraben»: Bundesrätin Keller-Sutter sieht darin eine Gefahr für die Demokratie
Von Vertrauen, Institutionen – und von Hunden sprach Bundesrätin Karin Keller-Sutter zur Eröffnung des Swiss Media Forums in Luzern.
Eine Grundlage für das Funktionieren des Staates sei das Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen, sagte die Finanzministerin. Der Niedergang der Credit Suisse habe gezeigt, wie verheerend die Folgen sein können, wenn man das Vertrauen in eine Institution verliere.
Die Rolle als Wachhund der Demokratie
Sind die staatlichen Institutionen ohne Fehl und Tadel? Nein. «Das menschliche Tun ist fehlerbehaftet.» Die Rolle der vierten Gewalt, der Medien, sei es, Fehler und Missstände aufzudecken. Das sei eine noble, notwendige Aufgabe. «Denn Vertrauen in die Institutionen kann nur dauerhaft erhalten werden, wenn Fehlverhalten korrigiert wird.»
Die Rolle der Medien ist also: Wachhund der Demokratie. «Ich mag Hunde», betonte Keller-Sutter. Hunde seien die besten Freunde der Menschen. Und der «public watchdog» sei der beste Freund der Institutionen.
Nun gibt es aber nicht nur den Wachhund: Der Kläffer gibt grundlos laut und wittert überall einen Skandal. Der Wadenbeisser geht auf Personen los und lässt sich von Fakten nicht beirren. Und der Kettenhund lauert, bis jemand Indiskretionen vor ihm hinstreut.
Die Hunde-Typologie führte zum Kern von Keller-Sutters Ansprache: Nicht nur Politiker fühlen sich zuweilen ungerechtfertigterweise von Journalisten attackiert. Professionelle Medien sähen sich als «Mainstream», als «Lügenpresse» verunglimpft. Dazu trügen die sogenannt sozialen Medien bei, in denen sich Meinungsblasen bildeten und Algorithmen die Regie übernähmen. «Der Begriff ‹Qualitätsmedien› wird in gewissen Kreisen nur noch ironisch benutzt. Es ist viel Vertrauen verloren gegangen.»
Keller-Sutter wies darauf hin, dass in einer Erhebung der ETH der Bundesrat auf 7,3 von maximal 10 Punkten komme; gefragt wurde nach dem Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen. Die Medien erreichen einen Wert von lediglich 5,4 Punkten.
Das Vertrauen in seröse Medien werde untergraben: Man unterstelle ihnen eine Verschwörung untereinander, Käuflichkeit oder einen «zensierend-konspirativer Einfluss der Regierung auf den Journalismus.» All dies fördere das Vertrauen nicht. «Willkommen im Club der Angebellten!», meinte die Bundesrätin zu den Medienschaffenden im Saal.
Die Sache sei aber ernst: Die Diskreditierung der Medien erfolge mit dem Ziel, die politische Stabilität und den rationalen Diskurs zu untergraben. «Man will den Watchdog ausschalten, um nachher einfacher ins Haus einbrechen zu können.» Ein funktionierendes, vertrauenswürdiges Mediensystem sei eine Grundbedingung der Demokratie.
Wie schaffen es die Medien, dass ihnen die Menschen wieder mehr Vertrauen schenken? Es brauche «vermeintlich altmodische Tugenden wie Qualität, Relevanz, Präzision, Fairness und Faktentreue in der Berichterstattung.» Das sei zwar langweiliger als lautes Gebell. Aber es stärke die Demokratie und damit eine offene, faire Gesellschaft. «Wir sitzen alle im selben Boot. Es ist unsere gemeinsame Demokratie. Wir haben nur diese.»
Der dramatische Sonntag Mitte März
In der Fragerunde sprach die Finanzministerin dann über die Notfusion der Credit Suisse: Der Bundesrat habe an jenem dramatischen Sonntag, dem 19.März, erst um 17 Uhr 30 von den Verwaltungsräten der beiden beteiligten Banken die Zustimmung zur Übernahme der CS durch die UBS erhalten. Für die Vorbereitung der Medienkonferenz, die um 19 Uhr 30 stattfand, sei nicht mehr viel Zeit geblieben.
Die CS habe bis Sonntagabend insgesamt 170 Milliarden Franken Liquidität von der Nationalbank beantragt. Das zeige, wie ernst die Lage gewesen sei.
Keller-Sutter erklärte ausserdem: Sie sei damit einverstanden, dass die Verantwortlichkeiten rund um die Notfusion abgeklärt würden. Aber: Man dürfe den Brandstifter nicht mit der Feuerwehr verwechseln. Für die Geschäftstätigkeit der CS sei deren Verwaltungsrat verantwortlich gewesen, niemand anders.