Cédric Wermuth über Daniel Jositsch: «Es gibt keinen Grund zum Groll»
Die Bundesratswahlen brachten zwar keine grosse Überraschung. Für gewisse Turbulenzen sorgten sie nichtsdestotrotz: In aller Munde waren die 70 Stimmen, die Daniel Jositsch erhielt, obwohl die SP ihn gar nicht auf ihr offizielles Wahlticket gehievt hatte. Offenbar hatten doch einige Parlamentarier von SVP und FDP, trotz anders lautenden Ankündigungen ihrer Partei- und Fraktionsspitzen, Jositsch gewählt.
Im «Talk Täglich» von Tele M1 sprach Moderator und AZ-Chefredaktor Rolf Cavalli den Co-Präsidenten der SP Schweiz, Cédric Wermuth, darauf an. Der gab sich betont gelassen. «Ich nerve mich gar nicht über die 70 Stimmen. Solche Spiele gehören dazu.» Ehe er diese Spiele als «unwürdig» für die Wahl einer Landesregierung taxierte.
Wie geht es nun weiter mit Daniel Jositsch und der SP? «Es gibt keinen Grund zum Groll», antwortete Wermuth. «Ich arbeite seit Jahren sehr gut mit ihm zusammen.» Er verneinte auch, dass er den Zürcher SP-Ständerat schmoren lasse, weil die Parteispitze seit den Wahlen noch kein Gespräch mit ihm geführt habe. «Die Bürgerlichen hatten gehofft, dass es Streit gibt. Den Gefallen werden wir ihnen nicht machen.»
«Bereit, einen Bundesrat abzuwählen»
Wermuth kann aber auch die Kritik nachvollziehen, die Bundesratswahlen seien zu einer Art Machtkartell geworden, bei dem es vor allem um die Parteien ginge und Bundesräte selber entscheiden können, wie lange sie im Amt bleiben. Er sei gegen das Dogma, einen Bundesrat nicht abwählen zu können. «Es geht um Politik und nicht um das Wohlergehen eines einzelnen Bundesrates oder einer Bundesrätin. Ich wäre bereit, einen Bundesrat abzuwählen.» Wermuth hat konkret die bürgerliche Vierer-Mehrheit in der Landesregierung im Visier, die er brechen möchte.
«Mutiger» Wechsel von Baume-Schneider
Überrascht war Wermuth dagegen vom Departementswechsel von SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Der Entscheid sei nicht mit der Parteispitze abgesprochen gewesen. Das sei aber auch nicht üblich. Er könne den Entscheid nachvollziehen und finde ihn mutig.
Kritik, dass Baume-Schneider nach nur einem Jahr und schlechten Noten für ihre Arbeit von bürgerlicher Seite vom Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) ins Innendepartement flüchte, wies der Co-Präsident der SP zurück. Stattdessen sprach er von einem Fehler des Bundesrats, dass die SP-Bundesrätin nach ihrer Wahl vor einem Jahr überhaupt das EJPD erhalten habe.
Wermuth taucht für «zwei »Monate ab
Ab Weihnachten nimmt sich Cédric Wermuth eine Auszeit. Für zwei Monate wird er sich von der Öffentlichkeit verabschieden. Das hat er vor kurzem auf der Plattform X, vormals Twitter, angekündigt. Von Cavalli darauf angesprochen, erklärte Wermuth, es sei ein «gemeinsamer Entscheid» mit seiner Familie gewesen. Das Wahljahr sei für ihn als Co-Präsident und für seine Familie eine grosse Belastung gewesen, mit viel Abwesenheit und sehr viel Stress. «Meine Familie hat viel zurückstecken müssen», so Wermuth. «Wir haben gemerkt, wir brauchen Zeit füreinander.» Er und seine Frau haben zwei Kinder.
Was er genau macht in den zwei Monaten, dazu äusserte er sich nicht. «Ich gehe weg. Alles andere ist privat. Ich muss abstellen können.» Er sei nun «noch nicht ganz 40» und werde auch eine Standortbestimmung vornehmen. Genau dazu hatte Cavalli ihn eh befragen wollen, mit Blick auf die nächsten eidgenössischen Wahlen 2027.
«Was machen Sie mit 41?», fragte der Moderator. «Das ist eine gute Frage», antwortete Wermuth. Er habe sich noch nicht entschieden, ob er dann wieder antreten werde. Auch ob er dereinst als Bundesrat kandidieren werde, liess er offen. Man solle niemals nie sagen. Aber Bundesrat sei nicht sein Lebensziel. Deswegen sei er nicht in die Politik gegangen, sondern um Sachen zu verändern, die ihm nicht passen.
Die Familie war auch mit ein Grund, dass sich Wermuth gegen die Kandidatur als Bundesrat entschieden hatte. Lange hatte er eine solche offen gelassen. Er habe sich das ernsthaft überlegen müssen. Es sei auch ein Entscheid für sein Amt als Co-Präsident gewesen, das er sehr gerne ausübe, aber: «Das wäre in der jetzigen Situation nicht die beste Lösung gewesen», sagte er mit Blick auf seine Familie.