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Konzerte und Musik-Festivals – das bevorzugte Angriffsziel von Terroristen

Zehntausende Taylor-Swift-Fans trauern der Konzertabsage in Wien nach. Ein kurzer, erschütternder Rückblick zeigt, wieso diese trotzdem gerechtfertigt ist.

Viele Fans von US-Superstar Taylor Swift konnten es nicht fassen, als sie am späten Mittwochabend von der Absage der Konzertreihe in Wien erfuhren. Obschon die österreichischen Behörden nach der Verhaftung von zwei Terrorverdächtigen zunächst die Durchführung unter verschärften Sicherheitsmassnahmen angekündigt hatten, zog der Veranstalter Barracuda Music kurz nach 22 Uhr die Notbremse.

Blickt man zurück, erscheint die Vorsicht mehr als berechtigt: Bei Terrorangriffen auf Festivals und Konzerte sind im vergangenen Jahrzehnt Hunderte von unschuldigen Besucherinnen und Besuchern getötet worden – mit dem heimtückischen Hamas-Überfall auf das Supernova-Festival in Südisrael am 7. Oktober 2023 als traurigem Tiefpunkt.

Unter anderem wegen der grossen Menschenansammlungen und unterschiedlich rigorosen Sicherheitsvorkehrungen üben diese Veranstaltungen für Terroristen eine starke Anziehungskraft aus. Taylor Swift beschrieb selbst 2019 in einem Aufsatz für das Modemagazin «Elle», wie sehr sie die Angst vor Konzert-Anschlägen bis in ihr Privatleben hinein verfolge: So trage sie stets ein Erste-Hilfe-Set für die Versorgung von Stich- und Schusswunden mit sich.

Bataclan-Konzerthalle, Paris, 13./14. November 2015

Beim IS-Grossangriff auf verschiedene Ziele in Paris bildete die Erstürmung der legendären Konzerthalle Bataclan einen besonders tragischen Schauplatz: 90 Fans, welche das Konzert der US-Band Eagles of Death Metal verfolgten, wurden von drei Terroristen erschossen. Bei der anschliessenden Erstürmung durch die französische Polizei kamen die Terroristen selbst ums Leben. Wie für die Fans gab es auch für sie kein Entkommen aus dem Lokal.

Ein Jahr nach dem Terrorüberfall feierte die britische Poplegende Sting die Wiedereröffnung der Bataclan-Konzerthalle.
Bild: Christophe Ena/AP

Es konnte nie mit Sicherheit geklärt werden, ob die Terroristen bewusst das Bataclan als Ziel ausgesucht hatten oder eher zufällig hineingestürmt waren. Insgesamt kamen in dieser tragischen Novembernacht in Paris 130 Menschen ums Leben, 683 wurden verletzt.

Konzert Ariana Grande, Manchester, 22. Mai 2017

Beim islamistisch motivierten Selbstmord-Attentat auf das Ariana-Grande-Konzert in Manchester wurden 23 Menschen getötet, unter ihnen der Attentäter, und über 800 Fans verletzt. Kurz nach Konzertende brachte der 23-jährige Terrorist seinen Sprengstoffrucksack im Foyer der Konzertarena zur Explosion.

Ariana Grande überstand den tödlichen Selbstmordanschlag in Manchester unverletzt.
Bild: Mast Irham/EPA/EPA

Die Sängerin blieb unverletzt. Wie in Paris reklamierte der IS den Anschlag für sich. Der in Grossbritannien als Sohn libyscher Einwanderer geborene Attentäter war polizeibekannt gewesen. Seine Selbstmordattacke war der schwerste Terroranschlag in Grossbritannien der Neuzeit.

Country-Festival, Las Vegas, 1. Oktober 2017

Der Feuerüberfall auf die Besucherinnen und Besucher des Harvest-Country-Festivals in Las Vegas gilt bis heute als schlimmster und tödlichster Amoklauf in der US-Geschichte. Von seiner Hotelsuite im 32. Stock feuerte ein 64-jähriger Attentäter mit einer automatischen Waffe in die Menschenmenge auf dem Las Vegas Strip. Dabei wurden 60 Menschen getötet und 413 verletzt. Die anschliessende Massenpanik hatte weitere Hunderte Verletzte zur Folge.

Die Schüsse auf die Festivalbesucher lösten eine Massenpanik aus. Anschliessend sicherten Ermittler das Gelände.
Bild: Marcio Jose Sanchez/AP

Die Gründe für den Amoklauf wurden nie abschliessend geklärt. Eine Stunde nach der Tat erschoss sich der Attentäter in seinem Hotelzimmer. Der Anschlag befeuerte die Diskussion um die US-Waffengesetze. Der vom Schützen an seiner Waffe verwendete Schnellfeuerkolben war offiziell 2018 verboten worden, ehe der Supreme Court der USA dieses Verbot in diesem Juni wieder aufhob.

Supernova-Festival, Re’im/Israel, 7. Oktober 2023

Eines der zahlreichen Ziele des palästinensischen Terrorüberfalls war das Psytrance-Festival in unmittelbarer Nähe des Gaza-Streifens. Beim Versuch, die Festivalbesucher zu beschützen, wurden die 17 nur mit Pistolen bewaffneten Polizisten erschossen. Die offizielle Anzahl der Toten wurde mit 350 angegeben, Hunderte weitere Tanzfans wurden schwer verletzt, viele Frauen und Mädchen Opfer von sexueller Gewalt.

Eine Überlebende des Hamas-Angriffs auf das Supernova-Festival in Südisrael zeigt auf ihrem Handy ein Video des Überfalls.
Bild: Felix Wellisch

Die israelischen Sicherheitsbehörden gehen davon, dass von den über 200 Hamas-Geiseln 40 auf dem Festivalgelände entführt wurden. 42 Überlebende haben Anfang Jahr die israelische Armee, Polizei und den Inlandsgeheimdienst auf umgerechnet 50 Millionen Franken Schadenersatz verklagt, dies wegen vorgeworfenen Sicherheitsversäumnissen.

In Anbetracht des bis heute dauernden Nahost-Kriegs und der Gefahr der Eskalation mit dem Iran und der Hisbollah darf dieser Terroranschlag als der folgenreichste seit dem 11. September 2001 angesehen werden, selbst wenn das Supernova-Festival am 7. Oktober nur einen der vielen Angriffsziele des Hamas-Terrors darstellte.

Crocus-Konzerthalle, Krasnogorsk/Moskau, 22. März 2024

Der islamistisch motivierte Terror macht selbst vor dem kriegsführenden Aggressor Russland nicht halt: Das mutmassliche IS-Kommando, das in diesem Frühjahr die berühmte Moskauer Konzerthalle Crocus überfiel, tötete 144 Fans der russischen Rockgruppe Piknik. Rund 200 Menschen wurden laut offiziellen Angaben verletzt. Die Terroristen legten zudem Feuer, weswegen das Gebäude zu grossen Teilen ausbrannte.

Die Attacke auf die Crocus-Konzerthalle löste einen Grosseinsatz der russischen Spezialkräfte aus.
Bild: Alexander Avilov/AP

Die danach verhafteten Hauptverdächtigen stammen aus Tadschikistan und trugen bei der Gerichtsvorführung Anzeichen schwerer Misshandlungen. Obschon sich der IS zum Anschlag bekannte, behauptete Russlands Präsident Wladimir Putin, die Ukraine und der Westen hätten beim Anschlag eine Rolle gespielt. Beweise dafür konnte Russland aber nicht vorlegen. Die Ukraine wies die Vorwürfe vehement zurück.