Ihr Trainer soll sie psychisch misshandeln – trotzdem nimmt Wimbledon-Siegerin Jelena Rybakina ihn in Schutz
Jelena Rybakina begann das neue Jahr mit einer kurzen Nachricht mit viel Sprengkraft: Der Kroate Stefano Vukov kehrt als Trainer an die Seite der Wimbledon-Siegerin von 2022 zurück, nachdem die beiden im letzten Herbst getrennte Wege gegangen waren. Zwar weilt Vukov in Melbourne, wo die Australian Open stattfinden, darf die Anlage aber nicht betreten.
Denn wie «The Athletic» publik machte, ermittelt die Profiorganisation der Frauen, die Women’s Tennis Association WTA, gegen Stefano Vukov, hat ihn provisorisch gesperrt, worauf ihm Tennis Australia die Akkreditierung verweigert hat. Vorgeworfen wird ihm offenbar psychischer Missbrauch. Sowohl Vukov als auch Rybakina bestreiten dies vehement.
Schlafstörungen und kollabiertes Immunsystem
«Alles, was ich dazu sagen kann, ist, dass er mich nie misshandelt hat. Ich habe grossen Respekt für alles, was er für mich getan hat», sagt Rybakina. Ihre Zusammenarbeit begann im Februar 2019, als die Kasachin nur knapp innerhalb der ersten 200 der Weltrangliste klassiert war. 2022 gewann sie in Wimbledon, im Jahr darauf kletterte sie auf Rang 3 des Rankings. Zuletzt hatte die gebürtige Kasachin mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.
Begonnen hätten diese nach der Rückkehr von den Australian Open im vergangenen Jahr. «Ich bekam Schlafstörungen und dann kollabierte mein ganzes Immunsystem», sagte Rybakina. Als Ursache dafür nannte sie die Belastung durch ständige Reisen und Turniere, die ihr keinen Raum für Erholung gäben. «Ich hätte früher eine Pause einlegen sollen. Doch ich habe weitergemacht.» Erst im Herbst zog die 25-Jährige die Notbremse.
Vukovs Rolle und Verhalten gegenüber der Spielerin sorgen schon seit geraumer Zeit für Kontroversen. Lanciert hatte diese vor zwei Jahren Pam Shriver, 22-fache Grand-Slam-Siegerin im Doppel und Expertin beim TV-Sender ESPN. «Es ist Zeit, dass unser Sport diesem Missbrauch und der offensichtlichen Manipulation von Spielerinnen einen Riegel schiebt», sagte die Amerikanerin, als sie von Vukovs Rückkehr erfuhr.
Die inzwischen 69-jährige Shriver hatte 2022 öffentlich gemacht, dass sie als 17-Jährige während fünf Jahren von einem deutlich älteren Trainer manipuliert, psychisch und auch sexuell missbraucht worden war.
«Ich kenne ihre Geschichte, sie ist traurig. Aber das heisst noch lange nicht, dass andere das Gleiche erleben», sagt Rybakina. Sie kenne Shriver weder persönlich, noch habe diese je versucht, sich mit ihr auszutauschen. «Ihre Kommentare sind unfair und rufschädigend», nahm sie Vukov in Schutz.
Als wäre die laufende Untersuchung gegen den 37-Jährigen, von dem es heisst, er sei auch Rybakinas Lebenspartner, nicht genug, sorgt auch die Trainersituation für Gesprächsstoff. Denn vor zwei Monaten verpflichtete die Australian-Open-Finalistin von 2023 Goran Ivanisevic.Der 53-jährige Kroate hatte zwischen 2019 und 2024 mit Novak Djokovic neun Grand-Slam-Siege feiern können.Er soll von Rybakinas Ankündigung, Vukov zurückzuholen, völlig überrumpelt worden sein, wie berichtet wird.
Djokovics Ex-Trainer vor den Kopf gestossen
Ivanisevic, der 2001 in Wimbledon gewann und 2014 Marin Cilic zum US-Open-Sieg führte, ist nur auf Mandatsbasis für Rybakina tätig: «Es ist für niemanden eine gute Situation», sagt er und spricht von einer toxischen Beziehung. Wegen der laufenden Untersuchung wolle er sich nicht dazu äussern. «Ich habe mit Jelena gesprochen und ihr meine Meinung gesagt.»
Danach gefragt, ob er die Zusammenarbeit beenden werde, sollte Vukov freigesprochen werden, antwortete er: «Sagen wir es so: Ich bin hier.» Heisst übersetzt: Ivanisevic ist für Anfragen von anderen Spielerinnen und Spielern mehr als offen. An Interessenten dürfte es nicht mangeln.