Novak Djokovic lässt sich provozieren – und versteckt sich vor Carlos Alcaraz
Nach seinem Achtelfinal-Sieg legte Novak Djokovic einen sonderbaren Auftritt hin. Unter vier Augen erklärte er Jim Courier, weshalb er keine Fragen beantworten werde. Der Amerikaner, der für während der Australian Open für den TV-Sender Channel 9 arbeitet, überreichte Djokovic das Mikrofon, worauf dieser sich beim Publikum bedankte.
Kurze Zeit später erklärte Djokovic, weshalb. Der Channel-9-Journalist Tony Jones hatte ihn als «Auslaufmodell» und «überschätzt» bezeichnet und sich, offenbar gestört von serbischen Fangesängen, zur Aussage «kick him out» («schmeisst ihn raus») hinreissen lassen. Eine Referenz an das Jahr 2022,als Djokovic in Australien das Visum entzogen worden war.
Entschuldigung von TV-Mann Jones
Djokovic liess sich von den Äusserungen provozieren und forderte eine Entschuldigung. Jones habe sich «über die serbischen Fans lustig gemacht und beleidigende Bemerkungen über mich gemacht», sagte der 37-Jährige. Diese ist inzwischen erfolgt. «Ich bin zu weit gegangen. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es tun», sagte Jones. Er stellte in Aussicht, sich in einem persönlichen Gespräch mit Djokovic erklären zu wollen.
Es ist das nächste skurrile Kapitel in der äusserst komplizierten Beziehung zwischen Novak Djokovic und Australien. Kein Grand-Slam-Turnier hat er öfter gewonnen (10 Titel), nirgendwo ist die Unterstützung so gross wie im Land mit einer rund 100’000 Menschen zählenden serbischen Gemeinde. Doch da ist auch die Geschichte mit der Ausschaffung. Und noch bevor das Turnier begonnen hatte, äusserte Djokovic den Verdacht, vergiftet worden zu sein.
Toxikologische Tests hätten ergeben, dass wohl über das Essen Blei und Quecksilber in seinen Körper gelangt seien. Schwerwiegende Vorwürfe.
Nachdem er in der Öffentlichkeit die Konfrontation gesucht hatte, zog sich Novak Djokovic zurück. Anders als üblich trainierte er am Montag hinter verschlossenen Türen. Am Dienstag trifft er im Viertelfinal der Australian Open in einem Generationenduell auf den Spanier Carlos Alcaraz.2023 und 2024 war er dem um 16 Jahre jüngeren Spanier im Wimbledon-Final unterlegen. Im Vorjahr entschied er den Final bei den Olympischen Spielen in Paris für sich und schloss damit die letzte Lücke in seinem Palmarès.
Als Djokovic sich beobachtet fühlte
Djokovics Massnahme, unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu trainieren, sollte man nicht allzu viel Bedeutung beimessen, auch wenn es dazu eine Vorgeschichte gibt.Bevor sich die beiden 2023 in Wimbledon erstmals im Final eines Grand-Slam-Turniers gegenüberstanden, soll Alcaraz’ Vater Carlos senior Djokovics Training heimlich gefilmt haben.
Unsportlich, Betrug, nicht erlaubt, monierten die Anhänger des Serben. Und Djokovic selber sagte: «Ich hätte gerne mehr Privatsphäre. Das würde es mir erlauben, Dinge auszuprobieren und offener mit meinem Team zu reden», sagte er damals. «Ich bin im Training nicht völlig entspannt, weil ich weiss, dass meine Rivalen mir dabei über die Schulter schauen.»
Djokovic jagt Margaret Court
Wobei es beiden schwerfallen dürfte, den anderen nach sieben Duellen (4:3 für Alcaraz) zu überraschen. Zumal das Internet überschwemmt ist mit Videos von Trainings. Dazu kommt: Wie Novak Djokovic spielt, wie solide, wie präzise, wie unnachahmlich, ist nun wirklich kein Geheimnis mehr.
Novak Djokovic strebt in Melbourne seinen 25. Grand-Slam-Titel an, was ihn zum alleinigen Rekordhalter machen würde. Bisher teilt er sich diese Marke mit der Australierin Margaret Court.Als Predigerin hetzt die 82-Jährige gegen Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transsexuelle.Und polarisiert in ihrer Heimat damit ähnlich wie Novak Djokovic.