Mondlandschaft im Verzascatal: Entleerung des Stausees zieht Tausende von Schaulustigen an
Das Verzascatal nahe Locarno ist vor allem wegen seines grün schimmernden Flüsschens bekannt. Die Badestellen in dem malerischen Bergtal ziehen im Sommer unzählige Touristen an. Im Winter herrscht Stille. Zumindest normalerweise. Nicht so in diesem Winter. Tausende von Schaulustigen kommen, um den entleerten Verzasca-Stausee zu sehen und zu entdecken. Die meisten fahren bis zum Staudamm, «la diga di Contra». Eine skurrile Mondlandschaft tut sich hier anstelle des Stausees auf. Die alte Talstrasse, einige Ruinen und ehemalige Weinbau-Terrassen kommen zum Vorschein. Ein Blick in die Vergangenheit. Schutt und Geröll allenthalben auf den steilen Bergflanken. Schön ist es nicht, aber eindrücklich. Ganz tief unten: die Verzasca als kleines Rinnsal.
Grund für Entleerung sind Wartungsarbeiten
Die Entleerung des Stausees erfolgt über mehrere Wochen, damit bis Frühjahr 2022 ausserordentliche Unterhaltsarbeiten am Wasserkraftwerk erfolgen können. Weil in den Gemeinden talseits des Staudamms das Trinkwasser teils trüb gefärbt war, wird auf die geplante vollständige Entleerung verzichtet. Das dürfte einige Fische freuen, die dank Restwasser überleben können. Einige Wagemutige wandern nun durch diese Landschaft, allerdings wird davor gewarnt, denn vereinzelt sind Touristen bereits im Schlamm stecken geblieben.
Staumauer wurde durch «Golden Eye» weltbekannt
Die Verzasca SA wurde am 6. Mai 1960 gegründet. Es folgten jahrelange Bauarbeiten, welche das Leben und die Landschaft im Tal auf den Kopf stellten. Die älteren Menschen in der Gegend haben keine gute Erinnerung an diese Zeit. Der Ortsteil Pioda verschwand ganz unter dem Wasser. Die Stromproduktion wurde 1965 aufgenommen. Am meisten profitieren die Luganesi, was den Einheimischen natürlich besonders sauer aufstiess. Doch die Gesellschaft gehört eben zu zwei Dritteln der Stadt Lugano, ein Drittel ist im Besitz der Tessiner Elektrizitätsgesellschaft AET.
Verantwortlich für die Planung und den Bau der Anlage im Verzascatal war Bauingenieur Giovanni Lombardi (1926–2017), Vater des bekannten Politikers Filippo Lombardi. Pierce Brosnan alias James Bond sprang im Jahr 1995 im Film «Golden Eye» von der 220 Meter hohen Staumauer, ein Sprung für die Ewigkeit, auch wenn es sich eigentlich um den Stuntman Wayne Michaels handelte. Die Filmzuschauer merkten das nicht. Der Verzasca-Damm wurde weltweit bekannt.