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Schauspielhaus Zürich, ein Sanierungsfall? Jetzt macht das Haus den Pfau

Mit Beginn der neuen Saison wird die bauliche Sanierung konkret, die am Schauspielhaus Zürich vorgenommen werden muss: Das Theater expandiert mächtig, trotzdem bleibt der historische Zuschauersaal erhalten – fast unverändert.

Wird nach einer turbulenten letzten Intendanz endlich alles gut am Schauspielhaus Zürich? Kann Intendant Ulrich Khuon das zerschlagene Geschirr zwischen Publikum und Haus in nur einer Spielzeit kitten? Die Zeichen stehen gut. Wenn am Donnerstag die Saison wieder beginnt – die beiden Eröffnungspremieren sind bereits ausverkauft –, ist dem Publikum im Pfauenfoyer schon mal eine farbliche Überraschung sicher. Nicht mit einem Entrée in Betongrau empfängt das Haus seinen Gast, sondern mit einem Hingucker, der den Eintritt in eine andere Welt markiert.

Die Gunst der Stunde nutzend, am Tag vor der Saisoneröffnung meldet sich auch die Stadt Zürich zu Wort, die Trägerin des Theaters. Eine Medienorientierung mit zwei Stadträten, eine davon Stadtpräsidentin Corine Mauch, das verspricht heissen Stoff. Und tatsächlich, es geht um eine zweistellige Millionensumme, es geht um den Stolz der Stadt, der allerdings oft auch ihr Sorgenkind ist, und klar ist nun: Das Schauspielhaus Zürich expandiert! Mehr bauliche Präsenz und Wirkung, weniger Zurückhaltung lautet die Devise.

Sieg für die Denkmalpflege und die Erinnerungskultur

Stadtpräsidentin Mauch, mit Superlativen üblicherweise eher knausernd, beschreibt es so: «Wir investieren in die Zukunft des bedeutendsten Sprechtheaters der Schweiz.» Die Botschaft ist nur eine von vielen guten. Eine andere ist genauso erfreulich: Der historisch relevante Zuschauersaal bleibt (fast) wie er ist. Die Denkmalpflege sowie die Freunde des Theaters, die während Jahren für dessen integralen Erhalt kämpften, gehen als Sieger vom Platz. Der geschichtsträchtige Saal bleibt erhalten und wird mit baulichen Verbesserungen aufgewertet.

«Sanierung mit kleinen Eingriffen» nennt die Politik den Plan. Vorausgesetzt, er wird vom Volk an der Urne gutgeheissen, bedeutet das: Am Heimplatz wird der Geschichte des Emigrantentheaters durch die Aura des historischen Saals Ehre erwiesen; dennoch soll das Theater in die Zukunft blinzeln und um zwei Liegenschaften erweitert sowie mit einem öffentlichen Restaurant bestückt werden.

Zudem hat man hier ganz entschieden die brüchige Finanzlage des Hauses im Blick: Der neue Pfauen soll in beschränktem Umfang auch für Vermietungen offen sein. Für die Sanierung, seit mehreren Jahren von der Stadt und vom Theater gefordert, wird ein offener Architekturwettbewerb ausgeschrieben.

Ein öffentliches Lokal, ein öffentliches Foyer: Raus aus dem Elfenbeinturm

Die Vorgaben für die Architektenteams sind nun bekannt und sie sind bemerkenswert. Das Schauspielhaus 3.0 wird zur Öffnung verpflichtet. Baulich, architektonisch soll sichtbar werden, was inhaltlich längst gilt: Das Haus und die Stadt müssen zueinanderfinden. Von der Sanierung profitiert also nicht in erster Linie das Theater – auch wenn Technik, Beleuchtung, Regie notwendige Modernisierungen erfahren –, an erster Stelle werden die Bedingungen für die Besucher verbessert.

Um Sichtachsen auf allen Plätzen aufzuwerten, wird ein neues Parkett eingebaut. Sodann soll eine modernisierte Bestuhlung für mehr Komfort und Beinfreiheit sorgen, und eine grössere Neigung des Parketts wird bessere Einsicht auf die Bühne und bessere Akustik garantieren. Die Sitzplätze werden von heute 760 auf mindestens 600 reduziert.

Wenn es nach den Plänen der Stadt geht, wird auch das Stiefkind namens Foyer profitieren. In Zukunft soll es das Herz des Hauses sein. Da der Raum gegenwärtig auch ein Fluchtweg sein muss, ist weder eine fixe Möblierung noch der Einbau einer Theaterbar möglich. Durch die Erweiterung um die Fläche des aktuellen Lokals werden neue Spielarten spruchreif: Der Zugewinn von rund 1400 Quadratmetern könnte Raum bieten für ein öffentliches Lokal und einen neuen Veranstaltungssaal des Theaters, das hier Vermittlung betreibt.

Das alles geht nicht von heute auf morgen. Die Agenda sieht vor, dass im September 2025 der Gewinner oder die Gewinnerin des Architekturwettbewerbs feststeht, dass 2028 darüber abgestimmt wird, und dass 2030 mit dem Bau begonnen werden könnte. Dann aber macht das grösste Sprechtheater der Schweiz den Pfau.