Traktoren & Co.: Seine Leidenschaft sind grobe Maschinen
«Am besten, wir gehen zuerst in die Garage», meint Benjamin Eich. Die Garage ist zwar gross, freier Platz aber Mangelware. Denn der 37-jährige Brittnauer hat ein grosses und raumfüllendes Hobby. Er restauriert in seiner Freizeit Traktoren und landwirtschaftliche Maschinen und braucht die Garage als Werkstatt dafür. Sein Hobby beherrscht der gelernte Baumaschinen-Mechaniker, der heute beruflich als Fahrlehrer unterwegs ist, augenscheinlich bestens. Ein auf Hochglanz restaurierter, grosser Traktor zeugt davon. Es ist ein Massey Ferguson MF 1155. Gut fünf Tonnen Leergewicht bringt das in den Jahren 1973–1978 produzierte Modell auf die Waage, beeindruckende 156 PS leistet der Motor. «Den MF 1155 habe ich 2016 in Amerika gekauft und dann während drei Jahren restauriert», erklärt Eich. In den Staaten «altes Blech» zu finden, sei nicht so schwierig, meint Eich, da er doch zwei, drei Kontakte in Amerika habe, die das für ihn organisieren würden. «Es ist dann vor allem das Porto, das sehr teuer ist», sagt er lachend.
Als sein erstes Projekt zu Ende geführt war, hat Eich weitere Traktoren restauriert. «Nicht mehr auf Hochglanz wie den MF 1155, sondern so, dass man mit ihnen arbeiten kann.» Zuerst ein MF 165, dann ein MF 245. Beim neusten Objekt ist momentan die komplette Vorderachse ausgebaut. Es ist – wenig überraschend – ebenfalls ein Massey Ferguson. Ein MF 399, an dem Eich seit vergangenem Jahr arbeitet.
Das Tempo hat sich reduziert
Fahrzeuge aller Art haben Eich schon seit eh und je fasziniert. Wobei er früher deutlich schneller unterwegs war. «Ich habe mir einst sogar ein eigenes Rennauto aufgebaut und bin unter anderem schon am Bergrennen in Reitnau mitgefahren», erzählt er. Der Rennsport ist aber in den Hintergrund gerückt, seit er Familienvater ist.
Auf einen anderen Nenner gebracht: Das Tempo hat sich wesentlich reduziert, denn in der Landwirtschaftsszene ist Benjamin Eich aktiv geblieben. Doch woher kommt die Leidenschaft für die Traktoren von Massey Ferguson? «Meine Mutter ist eine Bösiger, aufgewachsen auf dem Bauernhof der Familie im Oftringer Lauterbach», sagt er. Auf dem Bauernhof habe er in der Jugendzeit viel mitgeholfen – und schon sein Onkel hatte immer Traktoren von Massey Ferguson. «Die Vorliebe für die roten MF hat sich wohl auf mich übertragen.»
Oldtimer-Traktorentreffen und Feldtage
Im Verein «Born Country» hat Eich Mitstreiter gefunden, die sich ebenso für alte landwirtschaftliche Traktoren und Geräte interessieren wie er selbst. Res Kunz ist gleichzeitig Gastgeber des Fests in der Rossweid und besitzt neben einem alten Ford-Traktor auch einen Willys Jeep. Christian Schütz (Mättenwil) fährt zwei alte Traktoren. Alfred Bösiger (Rothrist) ist der Sohn von Benjamin Eichs Onkel und besitzt drei Traktoren. René Studer (Mättenwil) ist Landwirt und Stefan Flückiger (Mättenwil) hat eine grosse Sammlung an John-Deere-Traktoren. Zusammen mit Benjamin Eich bilden sie das sechsköpfige Organisationskomitee für das Born Country. «Wir setzen uns mit dem Verein für den Erhalt alter Landmaschinen ein und wollen auch Veranstaltungen durchführen, bei denen wir zeigen, wie die Maschinen und Geräte früher eingesetzt wurden», erläutert er. Mit dem Hintergedanken natürlich, damit auch Junge zu animieren, selber in der Szene tätig zu werden.
Bereits 2017 fand ein erstes Oldtimer-Traktorentreffen in Brittnau statt. Organisator war damals der Verein Pro Mättenwil. Nach der Premiere wurde das Treffen von Pro Mättenwil nicht mehr weitergeführt. «Wir fanden das schade», sagt Benjamin Eich, «und übernahmen die Organisation für den Anlass.» Die erste Ausgabe fand 2020 in kleinem Rahmen statt – damals mussten noch Corona-Auflagen erfüllt werden. Bei der zweiten Auflage des Treffens kamen rund 100 Traktoren ins Storchendorf.
Bei der kommenden dritten Durchführung des Oldtimer-Traktorentreffens hofft Benjamin Eich darauf, dass gegen 200 Traktoren auf der Rossweid auffahren werden. «Das wäre cool», meint der OK-Präsident, wobei der Aufmarsch natürlich auch wetterabhängig sei. In den Zwischenjahren bäckt der Verein etwas kleinere Brötchen. «Wir bemühen uns, sogenannte Feldtage durchzuführen», sagt er. Darunter sind Einsätze zu verstehen, bei denen ältere landwirtschaftliche Gerätschaften und Maschinen live in Betrieb zu sehen sind. Es sei aber nicht immer ganz einfach, passende Felder und Böden zu finden, die Landwirte für die Feldtage zur Verfügung stellen könnten.
Ausstellung, Festwirtschaft und Barbetrieb
Für das Oldtimer-Traktorentreffen ist der Brittnauer Verein gut vorbereitet. Gegen 40 Helferinnen und Helfer stehen dem Organisationskomitee zur Unterstützung zur Seite. Am Vorabend, Freitag, 19. Juli, gibt es auf dem Festgelände ab 20 Uhr bereits ein Feierabendbier, dazu wird grilliert. Am Samstag, 20. Juli, findet das Oldtimer-Traktorentreffen statt. Neben der Ausstellung, die zu einem Treffpunkt für Young- und Oldtimer sowie Landmaschinen und Stationärmotoren werden soll, sind Festwirtschaft und Saloon-Bar ab 10 Uhr geöffnet. Ab 17 Uhr gibt es Livemusik mit Brönzstoff und DJ Capitano. Für Kinder werden Spielmöglichkeiten angeboten. Als spezielle Attraktion für sämtliche Traktorfahrer steht eine Zapfwellenbremse bereit, an der die Leistung der Motoren gemessen werden kann. «Ein tolles Fest für Jung und Alt, an dem es viel zu sehen gibt», meint der OK-Präsident, und an dem man bis in die späten Abendstunden gemütlich verweilen kann.
Einst mehr als 100 Eidgenossen
Eine sehr bewegte Geschichte hat auch der Traktorbau in der Schweiz. Erste Hersteller wie die Oltner Berna bauten schon in der Zeit des Ersten Weltkriegs Traktoren, allerdings gab es damals noch keine Serienfertigung. Hürlimann, Bührer und Meili – mit diesen drei grossen Marken nahm der Traktorbau ab 1930 hierzulande richtig Fahrt auf. Zu einem grossen Traktorboom kam es schliesslich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als viele Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft abwanderten. Viele Schweizer Maschinenbauer stiegen damals in den Traktorbau ein. Als der Bund 1958 die Einfuhrbeschränkung für Traktoren aufhob, begann für die Schweizer Traktorhersteller eine harte Zeit. Der Rigi-Trac ist als einziger Schweizer Vierradtraktor noch auf dem Markt. Das Ausland hat der Schweizer Traktorindustrie längst den Rang abgelaufen. Das Ranking der meistverkauften Traktoren in der Schweiz (2021) führt Fendt vor John Deere, New Holland, Deutz-Fahr und Massey Ferguson an. Alte Eidgenossen zum Anspannen wird man am 20. Juli in Brittnau aber sicher bestaunen können. Aecherli, Bucher, Grunder, Hürlimann, Köpfli, Meili, Motrac, Schilter, Vevey und wie sie alle hiessen. «Weisch no?»