Klick für Klick gegen das Klima: Die schlechte CO2-Bilanz des Internets
Das Problem sind all die Begehrlichkeiten. All die Träume, die Menschen wie Elon Musk oder Marc Zuckerberg haben. Vom Metaverse. Vom Internet der Dinge. Die Technologie der Zukunft, sagt Lorenz Hilty, Leiter der Forschungsgruppe Informatik und Nachhaltigkeit an der Universität Zürich, werde zwar immer effizienter. Doch der Mensch, und das ist wohl der Lauf der Geschichte, will immer mehr.
In der Fachsprache nennt sich dieses Problem «rebound effect»: Der Fortschritt, den eine neue Technologie auslöst, weckt Begehrlichkeiten, die diesen Fortschritt gleich wieder auffressen. Und so ist das auch bei der Digitalisierung. Aktuell verbraucht das Digitale in unserer Welt etwa so viel CO2 wie der Flugverkehr: Je nach Berechnungen sind das zwischen zwei und vier Prozent des globalen CO2-Ausstosses.
Wer jetzt denkt, er könne nun einfach mit dem Streamen aufhören und stattdessen wieder um die Welt fliegen, irrt. Weil man die verschiedenen Umweltbelastungen nicht gegeneinander aufwiegen könne, sagt Hilty. Gesamthaft machen sie den gleichen Prozentsatz aus. Doch die halbe Welt nutzt das Internet, während vergleichsweise wenig Menschen fliegen. «Sie müssten rund 1000 Tage lang Videokonferenz abhalten, bis Sie gleich viel CO2 verbraucht haben, wie ein Flug zum Meeting nach New York verursacht», sagt Hilty.
Bitcoin ist ein grosser Energiefresser
Prognosen von Fachpersonen auf der ganzen Welt gehen in die gleiche Richtung: Die Welt wird immer digitaler, es kommen massenhaft neue, digitale Produkte, Dienstleistungen und ganze digitale Welten auf uns zu. Das ist ein Problem: Der Datenkonsum belastet die Umwelt. Wie stark, hängt davon ab, was durchs Internet geschickt wird: Text benötigt viel weniger Daten als Bilder, Bilder weniger als Videos.
Eine Google-Anfrage schlägt je nach Rechnung mit 0,2 Gramm CO2 zu Buche, das Versenden einer E-Mail verbraucht 4 Gramm, eine Stunde Video-Konferenz 290 Gramm. Und eine Bitcoin-Transaktion: sage und schreibe 313’000 Gramm CO2. Mit einer der grössten Energiefresser sind gestreamte Videos – auf Netflix oder Youtube, beispielsweise.
Rechenzentren nehmen rasant zu – und benötigen sehr viel Strom
Auch die Speicherung von Daten benötigt viel Strom. Besonders deutlich wird dies bei den Rechenzentren. Allein die neue Anlage in Winterthur-Neuhegi wird rund halb so viel Strom verbrauchen wie die gesamte Stadt mit knapp 120’000 Personen. Solche Rechenzentren haben sich in den letzten Jahren rasant vermehrt – besonders in der Umgebung von Zürich. Welche Firmen diese hochsicherheitsmässig geschützten Serverfarmen nutzen, ist jeweils streng geheim. Teilweise soll es sich um die ganz grossen wie Google, Microsoft oder Amazon handeln.
Mit rund zwei Terawattstunden jährlich tragen die Serverräume und Rechenzentren derzeit gut drei Prozent zum gesamten Schweizer Verbrauch bei. Doch digitale Daten können auch viele Funktionen ersetzen, die ebenfalls grosse Mengen an Energie und Rohstoffen benötigen: Ganze Papierstapel von Akten, ausgedruckte Fotografien oder DVDs und CDs mit Filmen und Musik, aber auch Reisen, wenn diese durch Online-Meetings ersetzt werden.
Zudem wurden viele der in Rechenzentren gespeicherten Daten bis vor kurzem in privaten Firmen verwaltet, die sie nun aus Sicherheits- und Kostengründen in professionell geführte Zentren auslagern.
Heizen mit der Abwärme der Rechenzentren
Kompetent bewirtschaftete Datencenter sind oft effizienter als Einzellösungen, bestätigt Martin Jakob von der Firma TEP Energy in Zürich. Letztes Jahr hat der Physiker im Auftrag des Bundes eine Studie zum Thema erstellt und berät nun im Rahmen des Programms Puedaplus kleinere und mittlere Betreiber in Sachen Energieeffizienz.
Bei kleineren Unternehmen seien die Server meist weniger gut ausgelastet, weshalb es mehr davon brauche, erklärt Jakob. Dies benötige neben der Energie auch Rohstoffe wie seltene Erden. Zudem seien sie häufig innerhalb eines geheizten Gebäudes in einem Raum untergebracht, der mit einer Klimaanlage auf 20 Grad oder kälter gekühlt wird.
«Dabei könnte man fast das ganze Jahr über mit Aussenluft kühlen», sagt er. Die Server würden locker bis zu 30 Grad Celsius vertragen. Und für die Hitzetage im Hochsommer sei eine Rückkühlung mit Verdampfung von Wasser energiesparender als eine Kältemaschine.
Ein Plus der grossen Zentren ist zudem, dass die Abwärme für das Heizen anderer Gebäude verwendet werden kann, was sich bei kleineren Betreibern meist weniger lohnt. In Winterthur besteht dafür bis jetzt zwar keine Möglichkeit, doch bei anderen Rechenzentren, etwa in Zürich, Opfikon und Dielsdorf, ist dies bereits der Fall oder geplant.
1. Kaufen Sie gebrauchte Geräte und kaufen Sie überhaupt seltener Geräte. Klären Sie, ob Sie als Familie oder Gemeinschaft Geräte gemeinsam nutzen können.
2. Reduzieren Sie die Videoqualität beim Streamen. Ultra-HD verbraucht rund zehnmal mehr Strom als die Standardqualität. Bei Netflix zum Beispiel kann man dies bei den persönlichen Kontoeinstellungen festlegen.
3. Datenintensiv sind auch Werbefilme, die auf vielen Webseiten automatisch loslaufen. Ein Ad-Blocker kann dies verhindern.
4. Informieren Sie sich über den Fussabdruck digitaler Währungen. Bitcoin soll beispielsweise weltweit etwa fünfmal so viel Strom benötigen wie die ganze Schweiz.
5. Nutzen Sie, wenn möglich, für grössere Mengen Daten Glasfaser statt Mobilfunknetz, und laden Sie öfter mal etwas herunter und speichern es auf einem USB-Stick oder einer externen Festplatte, statt alles in die Cloud auszulagern.
6. Räumen Sie Ihre Cloud auf und löschen Sie Videos oder Bilder, die Sie nicht mehr brauchen.