Die Lage spitzt sich zu: Kanton Aargau sperrt Bäche für Wasserentnahme
Die Hitzetage haben die Gewässersituation im Aargau verschärft. Die Abflüsse sind weiter gesunken. Die Bünz führt weniger Wasser als zur selben Zeit im Trockensommer 2018. Die Pegel der grossen Flüsse Aare, Rhein, Reuss und Limmat liegen weit unter dem Durchschnitt.
Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) hat am Montag reagiert und weitere Bewilligungen zur Wasserentnahme sistiert. Verboten wird der Bezug aus den Unterläufen von Bünz und Sissle, dem Wölflinswilerbach und dem Bruggbach. Die Betroffenen erhalten die Information am Dienstag.
Für mehrere Abschnitte der Bünz, Sissle und andere Bäche gelten seit Anfang Juni Einschränkungen. Im Fricktal und im Bünztal sind somit ab Mitte Woche keine Wasserentnahmen aus den Gewässern mehr möglich. Brauchen Landwirte, Gärtnereien oder Besitzerinnen privater Teiche grössere Mengen Wasser, müssen sie auf den Rhein respektive die Reuss ausweichen.
Das Umweltdepartement fordert die Wasserbezüger im Suhre-, Uerke-, Wynen-, Wigger- und Surbtal auf, ihren Bezug nach Möglichkeit zu drosseln. Ausserdem sollen sie sich auf andere Möglichkeiten der Wasserversorgung vorbereiten, weil ihre Bewilligungen in den nächsten Tagen ebenfalls sistiert werden könnten.
26 Grad im Hallwilersee, 25 Grad in der Limmat
Die Wassertemperaturen sind derweil gestiegen. Die Badi Tennwil am Hallwilersee gab am Montagnachmittag 26,1 Grad an. Die Messstation an der Badener Limmatpromenade verzeichnete einen Höchstwert von 24,3 Grad. In der Aare beim Kraftwerk Felsenau in Klingnau wurden 24 Grad und im Rhein bei Rheinfelden 23,4 Grad gemessen. Etwas kühler war die Aare bei Brugg mit 22 Grad.
Über 25 Grad warmes Wasser ist für kälteliebende Fischarten wie Forellen oder Äschen lebensbedrohlich. In den Aargauer Flüssen sind sie selten geworden – wegen seit Jahrzehnten steigender Temperaturen, aber auch wegen Verbauungen, schlechterer Wasserqualität und Krankheiten. Mit den aktuellen Temperaturen in den grossen Flüssen könnten sie aber noch umgehen, schreibt Corinne Schmid vom Umweltdepartement, denn: Kühlere Bereiche in Bachmündungen oder bei Grundwasseraufstössen sollten noch vorhanden sein.
«Aktuell wurden noch keine aussergewöhnlichen Situationen gemeldet, die ein akutes Handeln seitens Fischereifachstelle erfordern», schreibt Schmid. Die Fischereifachstelle wird erst aktiv, wenn Pächterinnen und Pächter eine Beobachtung melden.
Wetterprognose nicht berauschend
Man hoffe, dass sich die Situation durch Niederschläge und tiefere Temperaturen am Mittwoch leicht entspanne. Das Bundesamt für Umwelt ist allerdings skeptisch. Der erwartete Regen werde wenig ergiebig sein, heisst es im hydrologischen Bulletin. Lokal dürften die Pegel kurzfristig ansteigen, vielerorts aber tief bleiben.
Kurt Braun, Präsident des Aargauer Fischereiverbands und Mitpächter der Surb, bezeichnet die Situation an manchen Orten als kritisch. Er stehe in Kontakt mit Kollegen. Sie beobachteten die Situation genau. Braun sagt: «Solange es im Bach Tümpel hat, die durchflossen sind, geht es einigermassen.»
Wenn die Sissle austrocknet
Manche Bäche im Aargau drohen regelmässig auszutrocknen. Die Sissle versiegte in den heissen Sommern 2015 und 2018. An gewissen Stellen könnte es in den nächsten Tagen wieder soweit kommen.
Das Umweltdepartement versucht dem Problem auf verschiedene Arten zu begegnen. So wurden etwa tiefe Rückzugsstellen für die Fische ausgebaggert, um die Austrocknung zu verringern.
Weil die Trockenzeiten gemäss Klimamodellen zunehmen, hat der Aargau mit anderen Kantonen ein Notfallkonzept Trockenheit und Hitze erarbeitet. Darin ist unter anderem aufgeführt, wann eine Notabfischung angebracht ist. Es enthält ausserdem Verhaltenstipps für jeden und jede in Dürreperioden:
Respektieren Sie die Rückzugsorte von Wasserlebewesen (tiefe Kolke, Grundwasseraufstösse sowie Zuflüsse) und baden Sie lieber an anderen Orten.
Verzichten Sie temporär auf das Angelvergnügen zum Wohle der Fische.
Achten Sie auf die Informationstafeln und ausgewiesenen Erholungszonen für die aquatischen Lebewesen.
Vermeiden Sie es, Staudämme in die Gewässer und damit «Fallen» für Fische zu bauen.
Bewässern Sie Ihren Garten nicht mit Wasser aus dem angrenzenden Bach, wenn der Wasserstand schon tief ist.