Konflikte ums Wasser im Aargau: «Da haben die Leute noch schnell gehamstert»
Vor hundert Jahren stand der Kanton Aargau im Umgang mit dem Wasser noch vor ganz anderen Herausforderungen. Damals galt es, die Wassermassen zu bändigen und zu kontrollieren, um Land zu gewinnen und sich vor Hochwasser zu schützen. Das sagte Natália Güdel-Krempaska, Projektleiterin Kantonale Wasserstrategie, einführend zu einer Podiumsdiskussion kürzlich im Naturama in Aarau.
Mittlerweile ist es zu einem Paradigmenwechsel gekommen. Heute kann das Wasser knapp werden. Selbst im Wasserschloss, wie es Bettina Walch, die Moderatorin der folgenden Podiumsdiskussion, ausdrückte. Aber auch der Umgang mit dem Gewässerraum hat sich geändert. Flüsse erhalten mehr Platz, eingedolte Bäche werden revitalisiert. Es entstehen Puffer für Hochwasser. Und mehr Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Im Kanton Aargau sind noch 27 Prozent der natürlichen Wasserläufe eingedolt, sagte Güdel-Krempeska. Das ist ein vergleichsweise hoher Wert. Schweizweit liege der Durchschnitt bei zehn Prozent.
Vorplätze entsiegeln, Dachwasser für WC-Spülung
Trockene Sommer haben das Bewusstsein geschärft, dass Wasser schnell zum knappen Gut werden kann. Das Ziel der kantonalen Wasserstrategie ist, dieses allgemeine Bewusstsein für den Wert des Wassers weiter zu erhöhen. Was zur Folge haben soll, dass mehr Private Vorplätze entsiegeln oder gerade bei Neubauten Regenwasser vom Dach für die WC-Spülung genutzt wird.
Es folgte eine Podiumsdiskussion zum Thema «Hitze im Aargau: Wie mit Wasserknappheit umgehen?». Dabei zeigte sich, dass bei der Nutzung des Wassers Spannungsfelder bestehen. Die Aargauer Gemüseproduzenten hätten ein schwieriges Jahr hinter sich, sagte ihr Präsident, Toni Suter. Für einmal hätten die Landwirte nicht dem Wasser «nachspringen» müssen. Trotzdem haben sie massive Ertragsausfälle zu verzeichnen. Er habe in seinem Betrieb in Dättwil 95 Prozent des Wassers vom Dach seines Betriebs nutzen können. Die letzten fünf Prozent hat er dazugemischt, wegen des Kalkgehalts des Grundwassers.
«Schlimm, wenn Bäche austrocknen»
Landwirte nutzen Wasser aus Flüssen und Bächen zur Bewässerung ihrer Kulturen. Der Kanton spricht dafür Bewilligungen. Wie lange er sie bei Trockenheit aufrechterhält, das kann zu Konflikten führen. Das zeigte sich bei den Ausführungen von Kurt Braun, Präsident des Fischereiverbands Aargau. Er schaue genau, wo der Kanton Bewilligungen für die Wasserentnahme spricht. Ihm gehe es manchmal zu lange, bis der Kanton bei Trockenheit ein Verbot ausspricht. 75 der einheimischen Fischarten seien ausgestorben oder bedroht, sagte er. «Schlimm ist, wenn Bäche austrocknen. Sie haben ein grosses Gewicht», unterstrich er.
Susette Burger, Sektionsleiterin der Sektion Gewässernutzung, erzählte vom Umgang mit Akteuren, die unterschiedliche Bedürfnisse haben. «Am schwierigsten ist die Situation, wenn sich ein trockener Sommer in die Länge zieht», sagte sie. Sprich: «Wenn im Minutentakt ein Landwirt anruft und sagt, er brauche mehr Wasser.»
Die Grundwasservorkommen im Aargau haben sich dank des vielen Niederschlags und wenig Trockenheit erholt. Walter Wyler, Präsident des Grundwasserverbandes Suhrental, wies hier darauf hin, dass der Grundwasserpegel sehr verzögert auf Regen und Trockenheit reagiert.
Umstrittenes Füllen von Swimmingpools
Knapp kann bei Trockenheit auch das Wasser von Trinkwasserversorgungen werden. Trotzdem füllen dann Leute ihre Pools oder waschen ihre Fahrzeuge. Während der Kanton über die Wasserentnahme aus Gewässern zuständig ist, sind es bei Verboten zum Poolfüllen die Gemeinden. Am Podium kam auch die Ansicht zur Sprache, dass diese Zuständigkeit über solche Verbote besser beim Kanton als bei Gemeinden liegen würde. Andererseits war zu hören, dass Gemeinden die örtlichen Gegebenheiten besser kennen.
Macht ein Verbot, Schwimmbecken zu füllen, bei Trockenheit in jedem Fall Sinn? Wyler erzählte eine Anekdote aus einer Gemeinde zum Faktor Mensch. Nach einem solchen Verbot stieg der Wasserverbrauch erst einmal stark an. Seine Erklärung: «Die Leute haben noch schnell Wasser gehamstert.»
Denkbar ist, dass die Wasserversorgung in der eigenen Gemeinde ausfällt. Wyler rät der Bevölkerung deshalb, einen Wasservorrat im Keller zu lagern. 12 Liter pro Person. «Das reicht für drei Tage.»