Ausländische Gäste retten das Geschäft: Bergbahnen und Hoteliers rechnen mit starker Wintersaison
Noch im Sommer war es ein realistisches Szenario: Den Bergbahnen drohte im schlimmsten Fall der Stillstand, falls ein Strommangel eintreten sollte. Das hätte einen enormen wirtschaftlichen Schaden bedeutet. Nun ist die akute Stromkrise vorerst abgewendet: Zwar bleibt die Lage prekär, doch die Bergbahnen rechnen mit einem stabilen Betrieb im Winter. Und nicht nur das: Die Tourismusbranche freut sich sogar auf eine bessere Wintersaison als vor der Pandemie.
Die Prognosen stimmten «sehr zuversichtlich», sagte Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus, am Mittwoch an einer Medienkonferenz. Die Hotelübernachtungen liegen gemäss der Prognose um ein Prozent höher als in der letzten vollen Saison vor der Pandemie, also dem Winter 2018/2019. Dies unter dem Vorbehalt, dass das Wetter mitspielt.
Gästescharen aus dem Ausland und Skilager-Boom
Für den Aufschwung verantwortlich sind vor allem die ausländischen Gäste: Deren Zahl soll gegenüber dem Vorjahr um 18 Prozent steigen. «Die Reiselust der ausländischen Gäste ist trotz schwieriger Umstände wieder richtig erwacht», so Nydegger. Insbesondere bei Gästen aus Frankreich und Deutschland punkte die Schweiz als «ideal im Zug erreichbares Nahreiseziel».
Gar einen Allzeit-Rekord erwartet Schweiz Tourismus bei den Skilagern. Bereits 361 Skilager sind aktuell gebucht, das entspricht rund 16’500 Schülerinnen und Studenten. So freut sich die Branchenorganisation über die junge Generation als «Wachstumsmotor». Skifahren ist laut einer Studie des Bundesamts für Sport die Sportart Nummer 1 bei Kindern und Jugendlichen.
Zahl der Schweizer Gäste ist rückläufig
Schwächer ist die Prognose für die regulären Schweizer Wintergäste. Sie kommen zwar zahlreicher als vor der Pandemie (plus 14 Prozent), allerdings nicht mehr so häufig wie in den laut Nydegger «sehr guten» Coronawintern. Im kommenden Winter rechnet man in den Bergen insgesamt mit knapp 6 Prozent weniger Schweizer Logiernächten als im Vorjahr.
Ein Grund dafür könnten die hohen Kosten sein, die ein Skiausflug mit sich bringt. Wie CH Media berichtete, schlagen zwei von drei Skigebieten bei den Ticketpreisen auf.
Im Vergleich zu 2019 hat die Zahl der Schweizer Logiernächte in den ersten neun Monaten 2022 um 18 Prozent zugenommen, jene der ausländischen Gäste dagegen um einen Viertel abgenommen. Aus China, Taiwan, Japan und Indien kamen gar nur ein Fünftel der Gäste. Insgesamt resultiert ein Minus von 5 Prozent gegenüber dem Vorpandemiejahr.
Erfreulich aus Sicht der Branchenorganisation ist hingegen die Entwicklung beim Reiseverhalten. Es gebe einen Trend zur «Mono-Destination» Schweiz, erklärte Nydegger. Die Gäste haben ein höheres Reisebudget und bleiben länger in der Schweiz.
Natürlich kämpft die Branche auch mit Problemen – diese sind nur allzu bekannt. Nydegger sprach von einer «Häufung von Krisen in den letzten Monaten, die gemeinsam auftreten und teilweise gar verknüpft sind». Zuoberst steht der Klimawandel. Virulent sind aber auch die Energieversorgung, der Fachkräftemangel, die Inflation und der starke Franken im Vergleich zu vielen schwächelnden Währungen.
So wollen die Bergbahnen Strom sparen
Trotzdem sind auch die Bergbahnen zuversichtlich. Die Skigebiete meldeten «sehr gute Vorverkaufszahlen», wie Berno Stoffel, Direktor der Seilbahnen Schweiz, sagte. Auch die Frequenzen seien stark bei jenen, die schon in die Saison gestartet sind. Dank tiefer Temperaturen seien auch die Bedingungen für die Beschneiung gut.
Stoffel wehrte sich gegen das Image der Bergbahnen als Stromfresser. Im Jahr 2021 hätten die Bahnen nur 0,24 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs ausgemacht. «Trotzdem leisten wir unseren Beitrag zum Stromsparen», erklärte Stoffel. So würden die Bahnen etwa langsamer oder weniger lange fahren, Sitzheizungen ausgeschaltet oder Nachtskifahren reduziert.
Im Rückblick hätten die Bergbahnen die Covid-Krise «erfolgreich bewältigt», so Stoffel weiter. Im letzten Winter machten die Bergbahnen den höchsten Transportumsatz seit 12 Jahren. Auf Kosten von Österreich habe man 6 Prozent an Marktanteil im deutschsprachigen Raum gewinnen können. Grund ist laut Stoffel, dass man im Gegensatz zu den Nachbarländern weder von Schliessungen noch von der Zertifikatspflicht betroffen war.