Gallati kontert Kritik von links an Sozialdetektiven: «Die gesetzliche Grundlage ist gegeben»
Die SP ist enttäuscht, dass der Grosse Rat den Einsatz von Sozialdetektiven am Dienstag klar genehmigt hat. Und die Sozialdemokraten bedauern es, dass ein Antrag von Rahela Syed ebenso klar abgelehnt wurde, der eine kantonale Bewilligung für Überwachungen verlangte. «Observationen sind Eingriffe in die Privatsphäre eines Menschen. Der Umgang mit sensiblen Daten sollte in allen Gemeinden einheitlich und nachvollziehbar sein», hielt Syed fest.
Dass nun kommunale Behörden selbstständig die Überwachung von Sozialhilfebeziehenden für 30 Tage anordnen dürfen, erachtet die SP als problematisch. Aus ihrer Sicht sollte eine unabhängige kantonale Stelle mit Erfahrung in Strafverfahren die Anordnung von Observationen ab dem ersten Tag genehmigen. Als Beispiel dient der Kanton Zürich, wo Überwachungen durch die Bezirksräte genehmigt werden.
SP: «Weniger rechtliche Vorgaben als bei schweren Straftaten»
Syed brachte in der Debatte auch rechtliche Vorbehalte an, die sich fast wortgleich in einer Mitteilung der unabhängigen Fachstelle für Sozialhilferecht finden. Die SP-Grossrätin und die Fachstelle sind der Meinung, dass die Vorgaben für den Einsatz von Sozialdetektiven im Aargau rechtsstaatlich ungenügend und juristisch fragwürdig sind.
Die neuen Bestimmungen im Sozialhilfe- und Präventionsgesetz des Aargaus dürften weder vor Bundesgericht noch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Bestand haben, schreibt die Fachstelle. Besonders stossend sei, «dass im Gesetz weniger rechtliche Leitplanken für die Überwachung von Sozialhilfebezügern vorgesehen sind, als dies bei schweren Straftaten der Fall ist».
«Wenn Sozialämter eine Überwachung anordnen, sind sie Partei und Untersuchungsbehörde in einem, das ist rechtsstaatlich äusserst bedenklich», kritisiert die Fachstelle. Schon ohne Überwachungen müssten Sozialhilfebezüger den Behörden weitgehende Einblicke in ihr Privatleben gewähren. «Sozialdienste haben schon heute genügend Mittel, um im Einzelfall eine Strafanzeige einzureichen», findet die Fachstelle.
Gallati: «Wir bewegen uns hier nicht im Strafrecht»
Sozialdirektor Jean-Pierre Gallati (SVP) äusserte sich bereits in der Debatte am Dienstag zur Kritik der SP. «Wir bewegen uns nicht im Strafrecht, sondern im Verwaltungsrecht», hielt der frühere Rechtsanwalt fest. Deshalb sei es möglich, weniger strenge formaljuristische Anforderungen an die Beweiserhebung zu stellen als in einem Strafverfahren. Dort gehe es um Delikte wie Veruntreuung, Betrug oder auch Mord und Totschlag, beim Einsatz von Sozialdetektiven sei dies nicht der Fall.
Bei solchen Überwachungen gehe es in der Regel um die Prüfung, ob eine frühere Verfügung einer Sozialbehörde zu widerrufen sei oder ob ein Anspruch auf Sozialhilfe berechtigt sei. «Die gesetzliche Grundlage ist gegeben, dies hat auch der kantonale Rechtsdienst bestätigt, der sonst häufig Protest einlegt, wenn der Regierungsrat eine rechtliche Abkürzung nehmen möchte», sagte Gallati weiter.
In der neuen Fassung des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes sei eine vernünftige Differenzierung eingebaut, hielt der Regierungsrat weiter fest. Eine erste Observation von 30 Tagen darf der Gemeinde-Sozialdienst selber anordnen, für eine Verlängerung von weiteren 15 Tagen ist die Zustimmung der kantonalen Behörden nötig. Gemeinde- und Stadträte sind laut Gallati mit Sicherheit in der Lage, beim Einsatz von Sozialdetektiven korrekt vorzugehen.