Der Scheich lädt zur Friedenskonferenz – die Schweiz gerät ins Abseits
So richtig umzugehen wusste das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) nicht damit. Anfang der Woche wurde bekannt, dass Saudi-Arabien dieses Wochenende eine Konferenz zu Eckwerten eines möglichen Friedens im Ukraine-Konflikt ausrichten will.
Es war die Initiative des einst geächteten saudischen Thronfolgers Mohammed bin Salman, der in der Vergangenheit wenig Berührungsängste mit Wladimir Putin zeigte. Schon bald wurde ruchbar, dass die USA, die EU und auch verschiedene aufstrebende Wirtschaftsnationen teilnehmen werden. Auffallend viele Teilnehmerländer haben sich bislang nicht eindeutig in der Ukraine-Frage positioniert, darunter Indien, Südafrika oder Brasilien.
In einer ersten Antwort auf eine Anfrage am Mittwoch zeigte sich das EDA noch überrumpelt. «Die Schweiz begrüsst die Durchführung dieser Konferenz, die für die Suche nach einem Ausweg aus dem Krieg wichtig ist», lautete die griffigste Aussage in einer so allgemein gehaltenen wie kurzen Erklärung. Das EDA werde so bald wie möglich zu der Veranstaltung Stellung nehmen.
Der Donnerstag verstrich ergebnislos, am Freitag schliesslich stand fest: Die Schweiz wird nicht an der Konferenz teilnehmen, zu der mittlerweile Vertretungen von gegen 40 Staaten erwartet werden. Mitunter, und das wäre ein Coup, sogar China. Russland hingegen war explizit nicht eingeladen worden. Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte am Freitag deutsche Regierungskreise, wonach aus Peking «positive Signale» über eine Teilnahme an Verhandlungen gesendet worden sind. Das chinesische Regime hatte in den vergangenen Monaten immer wieder seine Nähe zum russischen Nachbarn und wichtigen Wirtschaftspartner unterstrichen.
Die Schweiz in der Beobachterrolle
Das EDA hingegen lässt über eine Sprecherin ausrichten, dass es sich bei der Konferenz um die Fortsetzung von Verhandlungen handelt, die in Kopenhagen begonnen hatten – und schon an diesen habe die Schweiz nicht teilgenommen. «Die Schweiz verfolgt die Arbeit der Konferenz genau und steht in Kontakt mit den ukrainischen Behörden, um die Ergebnisse der Konferenz zu bewerten», heisst es weiter.
Für Franz Grüter, Präsident der Aussenpolitischen Kommission (APK), ist dieses Vorgehen «unverständlich»: Noch vor wenigen Wochen habe der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski anlässlich seines Auftritts im Schweizer Parlament gesagt, er wünsche sich Friedensverhandlungen, in welchen die Schweiz ihre Rolle als Vermittlerin ausspielen könne, erinnert Grüter. Er findet: «Es gehört zur Schweizer Tradition, dass sie ihre guten Dienste aktiv anbietet.» Dazu müsse sie aber auch an den Tischen der Weltpolitik sitzen.
Unterstützung erhält Grüter auch von der politischen Gegenseite. Aussenpolitiker und Nationalrat Eric Nussbaumer (SP) hält es für «unverzeihlich», dass die Schweiz die Friedensverhandlungen in Saudi-Arabien schwänzt.
Verhandlungen über das Kriegsgeschehen in der Ukraine haben zuletzt mehr Auftrieb erhalten, auch aufgrund der USA: Es wird spekuliert, US-Präsident Joe Biden wolle noch vor Ende seiner ersten Amtszeit erste Erfolge über Friedensverhandlungen verbuchen und drücke deshalb aufs Tempo.