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Die Luft im Süden wird dünner: Ukrainische Armee schneidet russischen Nachschub bei besetzter Stadt Cherson ab 

Die ukrainischen Streitkräfte machen in der Südukraine Boden gut. Dabei nutzen sie die Konzentration Russlands auf den Donbass. Die Vorbereitungen für den Getreideexport aus ukrainischen Häfen gestalten sich indessen aus verschiedenen Gründen schwierig.

Die Nachschubrouten der russischen Armee aus der besetzten Halbinsel Krim sind unpassierbar. Dies nach einem gezielten Raketenschlag der ukrainischen Armee, der sich gegen die strategisch wichtige Antoniwka-Brücke im Westen der Stadt Cherson richtete. Damit bleibt den russischen Besatzern der gleichnamigen Oblast, die sich auf beide Seiten des Dnipro erstreckt, nur noch die Überfahrt über die rund 40 Kilometer nördlich gelegene Staumauer von Nowa Kachowka.

Die ukrainischen Streitkräfte sollen zudem bis auf rund 10 Kilometer an die Stadt Cherson selbst herangerückt sein. Dies markiert den bisher grössten Erfolg der ukrainischen Armee − seit der von Wolodimir Selenski befohlenen Rückeroberung der Oblast.

Die Antoniwka-Brücke sicherte den aus der 2014 annektierten Halbinsel Krim anrückenden russischen Truppen Anfang März die rasche Eroberung von Cherson und den Weitermarsch im Westen der Oblast bis auf fünf Kilometer an die Hafenstadt Mykolajew.

Neben der Strassenbrücke wurde auch die parallel verlaufende Eisenbahnbrücke von den Ukrainern beschädigt. Videoaufnahmen von Einwohnern des besetzten Gebiets zeigen die grossen Schäden. Der Erfolg der ukrainischen Armee ist wohl auch auf den Einsatz der erst vor kurzem von den USA gelieferten Himars-Mehrfachraketenwerfer zurückzuführen. Zum ersten knappen Dutzend der sehr teuren US-Raketensysteme sollen sich laut Willen des US-Kongresses bald 30 weitere HIMARS gesellen.

Bisher ist es den Ukrainern erst gelungen, ein paar Dörfer ganz im Westen der Oblast zurückzuerobern. In einem wochenlangen Kleinkrieg drängten sie die russische Front bis zu 20 Kilometer nach Südosten zurück. Dabei nutzen sie die Konzentration der russischen Armee auf den Donbass. Dort rückten die Russen indes auf mehreren Achsen auf das noch von Kiew kontrollierte Verwaltungszentrum Kramatorsk vor.

Dabei wurde die ukrainische Industriestadt Awdijewka heftig beschossen. An der Grenze zur fast vollständig von den Russen eroberten Oblast Lukansk wurde das riesengrosse Kohlekraftwerk von Wulehirsk von russischen Truppen bis zum Donnerstag erobert. Für Kiew ein weiterer schmerzlicher Gebietsverlust.

Vorbereitungen für den Getreideexport schwierig

Weiterhin schwierig stellen sich indes auch die Vorbereitungen für einen Export von Getreide über das Schwarze Meer dar. Denn für einen de facto Export aus den ukrainischen Häfen Odessa, Juschne und Tschornomorsk, gibt es noch einige Hindernisse aus dem Weg zu räumen. So hat die Ukraine zwar genügend Hochseeschiffe für den Transport der angestrebten 20 Millionen Tonnen Getreide, doch die Transportkorridore sind grösstenteils noch vermint und damit unpassierbar.

Die ukrainische Feuerwehr bekämpft einen Brand nach einem Einschlag von russischen Raketen im Hafen von Odessa.
Keystone

So stecken 80 Schiffe seit Kriegsbeginn in ukrainischen Häfen fest, viele davon unter ukrainischer Flagge, doch fehlen offenbar die Matrosen. Von den anfänglich 2000 gestrandeten Seeleuten sind drei Viertel inzwischen evakuiert worden. Dazu kommt die massiv hochgeschnellte Versicherungssumme für Hochseeschiffe im Schwarzen Meer. Gerade nach den Raketen auf den Hafen Odessa ist das Vertrauen in Moskau, dass keine Frachtschiffe mehr angegriffen werden, wieder gesunken.

Die Ukraine hat auf den Weltmeeren laut Schätzungen bis zu 8000 Matrosen, die zu erhöhten Löhnen vielleicht in der Ukraine arbeiten würden. Doch da für sie die Wehrpflicht gilt, werden viele die Heimkehr vermeiden. Entsprechende Bestimmung sollen nun in Kiew gelockert werden. Doch das alles braucht Zeit; so wie eben auch die Minenräumung der Seewege Zeit braucht.