
«Er gab mir vor 50 Jahren 2.30 Franken Trinkgeld» oder «Er war ein Original»: Solothurner erinnern sich an Peter Bichsel
Romy Haller aus Solothurn: «Er hat einfach zu Solothurn gehört»
«Ich habe bereits in der Schule Bichsels Bücher gelesen. Ich habe ihn zwar nicht persönlich gekannt, aber er war natürlich ein Original und bekannt in der Stadt – manchmal ist man ihm in einem Restaurant begegnet. Er hat einfach zu Solothurn gehört. So ist halt das Leben, aber es ist schön, dass er so alt werden durfte.»
Erwin Moser aus Deitingen: «Ich hielt viel von ihm, er gab mir 2.30 Franken»
«Ich habe vor 58 Jahren meine Zusatzlehre als Mechaniker bei der Auto Garage Gisin absolviert. Als Peter Bichsel mit seinem Deux-Chevaux vorbeikam, hat er mir immer 2.30 Franken für den gemachten Service gegeben. Da habe ich mir gedacht, der ist sympathisch. Er ist einfach und direkt und sagt seine Meinung. Ich hielt viel von ihm. Auch heute noch – nun lebt er leider nicht mehr.»
Herbert Tschanz aus Zuchwil: «Er war ein Mann mit einer wichtigen Stimme»

Bild: Laura Haller
«Ich habe ihn viel im Restaurant Kreuz angetroffen. Er war ein Mann, der eine wichtige Stimme gehabt hat. Politisch war er ein Wegbegleiter und Redenschreiber von Bundesrat Willi Ritschard.»
Felix Epper, Co-Geschäftsführer des «Kreuz» in Solothurn: «Nach dem dreigängigen Frühstück war er satt»

Bild: Joelle Isch
Peter Bichsel war Stammgast im Restaurant Kreuz in Solothurn, das ist nicht nur in der Stadt bekannt. Dass man das Lokal wohl als zweites Zuhause des verstorbenen Schriftstellers bezeichnen könnte, bestätigt auch der Co-Geschäftsführer Felix Epper. Bichsels Tod macht Epper betroffen, man merkt, dass er mit ihm viele schöne Erinnerungen teilte.
Seit den 1970er-Jahren verkehrte Bichsel regelmässig im Kreuz, wo er 1979 auch die Solothurner Literaturtage mitgründete. «Ich habe ihn häufig begrüsst als Gast, ihm ein Glas Wein eingeschenkt – sein Hahnenwasser oder Espresso dazu.» Gegessen habe er im Kreuz jedoch nie etwas. Nach seinem berüchtigten dreigängigen Frühstück sei er für den restlichen Tag satt gewesen, so Epper. «Er war hier, weil es eine Beiz ist, weil man etwas trinken kann – aber vor allem, weil man Menschen trifft.»
Insbesondere den bodenständigen Umgang schien Bichsel geschätzt zu haben. Die Frage, ob Bichsel sich von den Stammtischgesprächen für sein Schaffen inspirieren liess, scheint der «Kreuz»-Co-Chef nicht zum ersten Mal zu hören. «Peter hat mir gesagt, dass er nicht am Stammtisch sässe und die Aussagen anderer aufschreibe», erinnert sich Epper.
Ebenso habe Bichsel stets betont, dass er in seiner Kunst nicht die Wirklichkeit abbilde, sondern Dinge erfinde. «Das ist vielleicht eine halbe Wahrheit. Ich denke schon, dass er sich hat inspirieren lassen von diesen Charakterköpfen hier.» Wobei es heutzutage nicht mehr so viele «schräge Vögel» gebe. Damit, schätzt Epper, gehe eine Art von Begegnungen verloren, die Bichsel immer so gerne miterlebt hat.