Burkaverbot: SVP pocht auf harte Umsetzung – auch in der Waschküche oder an Demos
Das vor einem Jahr vom Volk beschlossene Verhüllungsverbot will der Bundesrat mit einer Anpassung des Strafgesetzes umsetzen. Bis am Donnerstag konnten sich Parteien und Verbände zum entsprechenden Vorschlag der Landesregierung äussern. Laut Antworten dieser Vernehmlassung stösst das Vorgehen des Bundesrats zwar grundsätzlich auf viel Wohlwollen. Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail.
So kommen die Initianten der Initiative für ein Verhüllungsverbot zum Schluss, die bundesrätliche Vorlage enthalte noch «zu viele Schlupflöcher». Entsprechend fordert das sogenannte «Egerkinger Komitee», das Burkaverbot müsse auch für politische Demonstrationen gelten. Denn wer in einer politischen Auseinandersetzung an eine Demo gehe, solle auch sein Gesicht zeigen. Zudem müsse das Verhüllungsverbot auch in allen öffentlich einsehbaren Privaträumen gelten.
«Potenzial, den gesellschaftlichen Frieden zu stören»
In seinem Gesetzesentwurf schlägt der Bundesrat unter anderem vor, dass das Verhüllungsverbot «in gemeinsamen Räumen in Mehrfamilienhäusern» nicht gelten soll. Gemeint sind damit beispielsweise Treppenhäuser, Waschküchen, Gemeinschaftsgaragen, Spielplätze oder Gärten.
Das «Egerkinger Komitee» hält dem in seiner bereits im vergangenen Dezember online aufgeschalteten Vernehmlassungsantwort entgegen: «Es ist gegenüber der Mehrheitsgesellschaft in der Schweiz unzumutbar, wenn Mieterinnen und Mieter (…) die Präsenz ganzkörperverhüllter Frauen hinnehmen müssen.» Dies stelle «einen unmittelbaren Eingriff in die Privatsphäre von Nachbarn dar, der das Potenzial entfaltet, den gesellschaftlichen Frieden zu stören.»
Kantone warnen vor Problemen bei Umsetzung
Insgesamt sagte Initiant Walter Wobmann jedoch am Freitag zu Radio SRF: «Wir sind erfreut, dass er Volkswille vom Bundesrat akzeptiert und umgesetzt wird.» Der Solothurner SVP-Nationalrat ist auch Präsident des «Egerkinger-Komitees».
Wie die Initianten kritisiert auch die SVP in ihrer am Donnerstag aufgeschalteten Stellungnahme die Ausnahmeregelungen. Für die einzige Bundesratspartei, welche die Vorlage unterstützt hatte, sind diese «inakzeptabel». Die knappe Mehrheit von 51,2 Prozent des Stimmvolks, die sich am 7. März 2021 für die Einführung eines nationalen Verhüllungsverbots ausgesprochen hatte, werde damit missachtet.
SP fordert tiefere Bussen bei Demos
Wie Radio SRF berichtet, sind Initianten und Befürworter der Burkainitiative allerdings nicht allein mit Detailkritik an der Umsetzungsvorlage. So befürchtet der Aargau, dass eine zu strikte Umsetzung des Verhüllungsverbots die Polizei erschwere. So befürchtet sie Eskalationen, wenn diese gegen Vermummte eingreifen muss. Und auch Bern sieht Schwierigkeiten, etwa wenn das Verhüllungsverbot mit Hygienemasken umgangen würde.
Von den Verlieren vom vergangenen Jahr hat bis am Donnerstag nur die SP ihre Stellungnahme zur Vernehmlassung aufgeschaltet. Die Partei bewertet die bundesrätliche Vorlage darin als «moderate und sachgemässe Umsetzung». Obwohl sie die «grundlosen Kleidervorschriften auf Verfassungsstufe» noch immer «diskriminierend und eines liberalen und freiheitlichen Rechtsstaates unwürdig» erachte, akzeptiere sie den Volksentscheid. Die SP fordert aber, Bussen bei Verstössen gegen das Verhüllungsverbot an Demos von 10’000 auf 1500 Franken zu senken.