Auf gutem Weg, aber noch nicht am Ziel: In der Landwirtschaft gehen weniger Stickstoff und Phosphor verloren
Stickstoff und Phosphor sind wichtige Nährstoffe in der Tierhaltung und im Pflanzenbau. So ist Stickstoff beispielsweise im Tierfutter oder im Dünger respektive der Gülle enthalten und notwendig für das Wachstum der Pflanzen. Doch weil der Dünger- und Futtermitteleinsatz in den letzten Jahrzehnten stark anstieg, geriet der Nährstoffkreislauf aus den Fugen. Es resultieren Überschüsse von Phosphor und Stickstoff, welche in verschiedenen Formen via Boden, Luft und Wasser entweichen.
Diese Verluste wirken sich negativ auf die Umwelt aus. Etwa, indem Grund- und Oberflächengewässer verschmutzt sowie Ökosysteme negativ beeinflusst werden. Zudem trägt Stickstoff in Form von Lachgas zur Klimaerwärmung bei. Hinzu kommt: Jene Nährstoffe, die verloren gehen, müssen die Landwirtinnen und Landwirte dem System wieder zuführen – das verursacht Kosten.
Das Problem hat auch die Politik erkannt. Sie hat vor über zwei Jahren den sogenannten Absenkpfad Pestizide beschlossen – mitunter als Reaktion auf die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative. Gemäss Beschluss des Parlaments müssen die landwirtschaftlich bedingten Stickstoffverluste bis 2030 um 15 Prozent reduziert werden. Beim Phosphor sollen die Verluste gar um 20 Prozent zurückgehen. Als Referenz dient der Mittelwert der Jahre 2014 bis 2016.
Rückgang um rund 10 Prozent
Nun zeigen neue Zahlen, dass die Schweizer Landwirtinnen und Landwirte auf gutem Weg sind. Die Überschüsse konnten bis 2021 verringert werden, wie eine neue Auswertung von Agroscope zeigt. Sowohl beim Phosphor als auch beim Stickstoff hätten diese um rund 10 Prozent abgenommen, teilt das landwirtschaftliche Forschungsinstitut des Bundes am Dienstag mit. Allerdings sind die Zahlen mit Vorsicht zu geniessen. Aufgrund der «teilweise starken Jahresschwankungen» könne erst in einigen Jahren abschliessend beurteilt werden, «ob die Abnahmen von Dauer sind».
Als Gründe für den Rückgang nennt Agroscope die tieferen Futtermittelimporte und – beim Stickstoff – den geringeren Mineraldüngerverbrauch. Doch um die Ziele bis 2030 zu erreichen, brauche es weitere Anstrengungen. Daran erinnert Agroscope-Leiterin Eva Reinhard: «Die Abnahme der Verluste muss von Dauer sein und weiter gehen.»
Zu diesem Zweck hat der Bundesrat Anfang November das landwirtschaftliche Verordnungspaket 2023 verabschiedet. Darin sind unter anderem Änderungen enthalten, welche dazu führen sollen, dass die Nährstoffverluste weiter reduziert werden können. Gemäss Gabriele Schachermayr, Vize-Direktorin des Bundesamts für Landwirtschaft, zählt dazu etwa das ab Januar geltende Schleppschlauchobligatorium für die Gülleausbringung. Allerdings reichen die vom Bund eingeführten Änderungen allein nicht aus. «Um die Reduktionsziele zu erreichen, soll die Branche selbstverantwortlich eigene Massnahmen ergreifen», so Schachermayr.
Merkblätter für die bäuerliche Praxis
Um die Bauern auf diesem Weg zu unterstützen, arbeitet Agroscope an neuen Merkblättern für die Praxis, welche in den kommenden Monaten laufend im Internet aufgeschaltet werden. Darin wollen die Experten ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Optimierung der Nährstoffkreisläufe festhalten und Massnahmen aufzeigen, die zu einer Reduktion der Verluste führen. Agroscope stützt sich dabei auf Resultate eigener Forschungsprojekte und Versuchsstationen.
Bereits verfügbar ist etwa ein Merkblatt zur Fütterung von Wiederkäuern. Darin zeigen die Agroscope-Experten auf, wie der Phosphoreintrag bei der Fütterung reduziert werden kann. Denn nicht jede Milchkuh braucht gleich viel Phosphor – der tatsächliche Bedarf hängt unter anderem davon ab, wann sie zuletzt gekalbt hat.
Knapp 11 Prozent der Landesfläche der Schweiz sind als sogenannte Fruchtfolgeflächen gesichert. Das sind Gebiete, die sich für den Ackerbau besonders eignen – sie gelten als die wertvollsten Landwirtschaftsflächen der Schweiz. Aktuell liegt deren Fläche leicht über dem vom Bund festgelegten Mindestumfang von knapp 440’000 Hektaren. Diese Flächen sollen die Selbstversorgung bei schweren Mangellagen sicherstellen. Doch durch den zunehmenden Verbrauch von Boden – etwa für das Wohnen oder die Mobilität – geraten die Fruchtfolgeflächen unter Druck, wie das Bundesamt für Raumentwicklung am Dienstag mitteilte. Die Situation könnte sich angesichts des Bevölkerungswachstum künftig weiter verschärfen. Um die Ernährungssicherheit gewährleisten zu können, müssten Bund und Kantone dafür sorgen, die Fruchtfolgeflächen «langfristig zu erhalten».