Adoptionsstopp während der Festtage – Aargauischer Tierschutzverein mahnt: «Tiere sind keine Ware, die man wieder umtauschen kann»
Wer kann sich noch an den Disney-Klassiker Susi und Strolch erinnern? Und daran, wie Susi als süsser Cockerspaniel-Welpe mit einer Schleife um den Hals aus einer rosa-gestreiften Schachtel sprang – als Geschenk von Herrn Darling an seine Frau? Was im Film romantisiert wird, ist im echten Leben jedoch nicht immer eine gute Idee. Denn wer ein Tier verschenkt, verschenkt auch ein grosses Paket an Verantwortung und Verpflichtung.
Zu oft landen herzige Büsibabys und Hundewelpen unter dem Christbaum. Und zu oft werden die Tiere kurze Zeit später wieder in Tierheimen abgegeben. Weil der Aufwand unterschätzt wird, weil statt des Kindes eben doch die Eltern die Verantwortung übernehmen müssen und damit überfordert sind. Um nach Weihnachten nicht von Anfragen überhäuft zu werden, hat der Aargauische Tierschutzverein (ATs) in Untersiggenthal einen Adoptionsstopp verhängt.
Vom 15. Dezember bis zum 3. Januar können dort keine Tiere abgeholt werden. Besuche und Reservierungen sind zwar weiterhin möglich, nach Hause nehmen darf man das Tier aber erst, wenn die Festtage vorbei sind. «Die meisten finden diese Vorgehensweise sehr gut», sagt ATs-Präsidentin Astrid Becker. «Die Leute haben viel Verständnis dafür.»
Tiere per Mausklick zu kaufen, wird immer einfacher
Wie Becker sagt, liegt das sicher daran, dass die grosse Mehrheit mittlerweile wisse, dass Welpen keine geeigneten Weihnachtsgeschenke abgeben. Und dennoch: «Vielen fehlt nach wie vor das Wissen darüber, wie viel Aufwand ein Tier bedeutet.»
Ein grosses Problem: Wir sind so gut vernetzt, dass man einen Hund heute einfach per Mausklick übers Internet bestellen kann. «Jeder Welpe ist zum Fressen süss und lässt das Herz schnell erweichen», sagt Becker. «Den Kopf sollte man beim Kauf aber nicht abschalten.» Denn wie viel Arbeit so ein kleiner Welpe macht, merkt man erst, wenn er erwachsen wird. Der Aufwand variiert zudem je nach Rasse.
Ein Border Collie braucht beispielsweise viel Auslauf und Kopfarbeit, eine Deutsche Dogge frisst Unmengen an Futter. «Die Leute überlegen sich viel zu wenig, welche Rasse zu ihnen passt», sagt Becker. «Ich würde mir wünschen, dass man sich vor dem Kauf besser informiert. Tiere sind schliesslich keine Ware, die man wieder umtauschen kann, wenn man nicht zufrieden ist.»
Aus diesem Grund klärt der ATs immer im Voraus ab, wie sich der Halter seine Zukunft mit dem Tier vorstellt. Könne er keine befriedigende Antwort liefern, erhalte er eine Absage. «Von den Tieren, die wir vermitteln, werden relativ wenige zurückgegeben», sagt Becker. «Leider handhaben das aber nicht alle Züchter und Organisationen so streng. Und beim Kauf übers Internet bleibt das Wissen über die Bedürfnisse der Tiere gänzlich auf der Strecke.»
Pflegeplätze für ältere Katzen und Hunde
Seit diesem Januar läuft das Tierheim in Untersiggenthal am Anschlag. «Pro Tag haben wir sicher eine Person, die ihren Hund wieder abgeben will», sagt Becker. Und immer, wenn eine Katze platziert werden könne, müsse eine neue aufgenommen werden.
Vor allem ältere, kranke Tiere seien oft schwierig zu platzieren. Deshalb hat der ATs das Projekt Happy Senior Dogs and Cats ins Leben gerufen. Für ältere Hunde und Katzen sucht das Tierheim jeweils Pflegeplätze, wo sie einen schönen Lebensabend verbringen können. Die Kosten für gewisse Tierarztbehandlungen übernimmt der ATs.
Die Mitarbeitenden stehen zudem bei Fragen zur Verfügung. «Damit fällt für die Halter eine grosse Hürde weg», sagt Becker. «Wenn die Leute wissen, dass sie eine Anlaufstelle haben und nicht alles selber bezahlen müssen, gibt ihnen das eine gewisse Sicherheit.» Derzeit wohnen 13 tierische Seniorinnen und Senioren in Pflegeplätzen. Nur für eine Katze sucht das Tierheim noch ein neues Zuhause.
Das Hauptproblem wird damit aber nicht gelöst. Was muss also passieren, damit sich die Situation langfristig entspannt? «Wir wären froh, wenn der Sachkundenachweis wieder eingeführt würde», sagt Becker. «Wer noch nie einen Hund hatte, müsste dann nachweisen, dass er mit der Verantwortung umgehen kann.» Bei den Katzen wünscht sich Becker eine Kastrations- und Chip-Pflicht. «Nur so können wir den Trend abschwächen, dass Tiere wie Ware behandelt werden.»