Verwüstungen nach Flut in Österreich und Slowenien – nun drohen Schlammlawinen und Überschwemmungen in Kroatien
Schnell machte die Aussage von Anton Preksavec, dem Bürgermeister der slowenischen Ortschaft Dravograd, die Runde: Dieser sprach nach der Unwetterkatastrophe in seinem Land von einer «Apokalypse wahrhaft biblischen Ausmasses». Tatsächlich ist Slowenien nach den tagelangen Rekordniederschlägen von den Folgen der grössten Verheerung seit seiner Unabhängigkeit 1991 betroffen.
Ministerpräsident Robert Golob bezifferte die bisherigen Gesamtschäden durch Überschwemmungen und Erdrutsche auf über eine halbe Milliarde Euro; zwei Drittel der gesamten Republikfläche sind betroffen. Auch scheinen bisher mehr Menschen in den Fluten ums Leben gekommen zu sein, als bisher offiziell bekannt gegeben worden ist. So berichtete die Tageszeitung «Večer» in Maribor am Montagmorgen von drei weiteren Ertrunkenen, die von den Rettungskräften über das Wochenende geborgen worden seien.
Zuvor war die offizielle Opferzahl mit sechs Toten angegeben worden, darunter zwei niederländische Touristen, die beim Wandern in den Bergen vom Blitz getroffen worden waren. Bei Moste in der Gemeinde Komenda soll ein Mann erstickt oder ertrunken sein, als er bei Räumungsarbeiten in eine Jauchegrube fiel, wie ein Lokalmedium berichtete.
Nach tagelangen pausenlosen Einsätzen stossen die slowenischen Rettungskräfte an ihre Grenzen. So baten die Behörden bei der Nato um die Entsendung von 200 Soldaten zur Unterstützung der eigenen Hilfseinheiten. Ebenso fehlt es an zusätzlichem schwerem Rettungsmaterial, um der gewaltigen Schäden an der Infrastruktur und Natur Herr zu werden.
Über den EU-Katastrophenschutzmechanismus beantragte Slowenien am Montag 60 Bagger und Spezialfahrzeuge sowie von der Nato Geniematerial in Form von 20 Pontonbrücken und fünf schwere Transporthelikopter. Ein von Kroatien entsandter Helikopter stand bereits am Wochenende im Einsatz.
Zahlreiche Gebäude wegen Schlammlawinen evakuiert
In den betroffenen Gebieten ist die Verzweiflung gross. Zahlreiche Existenzen sind durch Zerstörungen an Haus und Hof gefährdet; dies oft bei ungenügendem oder nicht vorhandenem Versicherungsschutz.
Die grösste Gefahr geht nun in den betroffenen Gebieten Österreichs und Sloweniens von Erd- und Hangrutschen aufgrund des völlig aufgeweichten Bodens aus. In den beiden Bundesländern Kärnten und Steiermark mussten laut Behördenangaben bis Montagmittag insgesamt 300 Personen ihre Wohnhäuser verlassen. Die Krisenstäbe beider Bundesländer zählten über das Wochenende bereits rund 400 grössere Rutschungen in Südösterreich.
In St. Veit an der Glan nördlich von Klagenfurt mussten am Sonntagabend zehn Bewohner ihre Häuser verlassen, weil der Hang dahinter abzurutschen drohte. In den Kärntner Gemeinden Brückl und Keutschach wurden Dutzende Gebäude evakuiert, weil Schlammlawinen befürchtet wurden. Der geologische Dienst Sloweniens berichtete am Sonntag von akuter Hangrutschgefahr in mindestens sechs Ortschaften in Gebirgsregionen.
Kroatien: Rekordpegelstände von Save, Drau und Mur
Am Montag verlagerte sich die unmittelbare Gefahr weiterer Überschwemmungen ins benachbarte Kroatien. So wiesen laut Behörden die Flüsse Save, Drau und Mur Rekordwasserstände auf. Sorgen bereitete der weiterhin grosse Wasserzufluss aus Österreich und Slowenien.
Die Fluten ergossen sich auf Strassen, Felder und Siedlungen, wie das kroatische Fernsehen HRT am Montagmorgen berichtete. Überall errichteten Hilfsequipen und Freiwillige Dämme aus Sandsäcken, um grössere Schäden an Wohngebäuden zu verhindern.
Am frühen Montagmorgen brach der Wasserstand der Drau bei Botovo mit 587 Zentimetern den Rekord von 2014, als dieselbe Messstation eine Wassertiefe von 577 Zentimetern angezeigt hatte und Kroatien letztmals von einer Flutkatastrophe betroffen war.
Wie der Direktor des nationalen Wasserversorgers «Hrvatske vode» ausführte, sei Kroatien inzwischen besser auf solche Unwetterkatastrophen vorbereitet als noch vor einem Jahrzehnt. So sagte Zoran Đuroković am Montag zur Zagreber Zeitung «Jutarnji List», dass seine Behörde in den letzten sechs Jahren 225 Kilometer Dämme entlang von Flüssen rekonstruiert und aufgewertet habe. Weitere 75 Kilometer Dämme seien derzeit in Bau.
Allerdings komme man in vielen Ländern aufgrund «der Dynamik immer schnellerer klimatischer Veränderungen» kaum noch mit rechtzeitigen Schutzmassnahmen nach.