Urs Locher: Engagierter Politiker, Lehrer und Mensch
Letzte Woche ist in Zofingen im Alter von 81 Jahren alt Stadtammann Urs Peter Locher verstorben – Politiker, Pädagoge und Freund des Schönen. Aufgewachsen ist der Aarauer Bürger in Brittnau, wo sein Vater Lehrer und sein Grossvater Gemeindeschreiber waren. Dieser hatte seine Kanzlei im Schulhaus und so bekam Urs schon als Kind erste Einblicke in die staatliche Verwaltungstätigkeit, denn der Grossvater liess ihn oft bei seiner Arbeit zusehen, wie Urs Locher, der sich auch gerne daran erinnerte, wie man zu jener Zeit im Sommer in der Wigger baden und im Winter auf der Wigger schlittschuhlaufen konnte, einmal erzählte.
Kultur war für ihn wichtig – besonders die Musik
Nach Abschluss der Bezirksschule in Zofingen, entschied sich Urs Locher, den Beruf des Lehrers zu ergreifen. Damals wurden sämtliche angehenden Lehrerinnen am Seminar in Aarau, die Lehrer im Kloster Wettingen ausgebildet. Für den Brittnauer bedeutete dies den Eintritt ins Internat des Seminars. Die Hausordnung sei streng gewesen – nur einmal pro Woche gab es Ausgang.
Gute Erinnerungen hatte Urs Locher an einen Lehrer der Übungsschule: Otto Müller, den Komponisten des Liedes «Wenn eine tannigi Hose het und hagebuechig Strümpf». Zu den schönen Dingen im Leben zählte für Urs Locher Kultur in ihren vielen Facetten, insbesondere die Musik – der Chorgesang, den er aktiv betrieb. In Oftringen im Dorfschulhaus trat Urs Locher seine erste Stelle an. Nach zwei Jahren entschloss er sich, in Zürich Sprachen und Geschichte zu studieren. 16 Jahre wirkte er an der Bezirksschule in Zofingen, wechselte dann ans KV, wo er nebst Sprachen zusätzlich Staatskunde unterrichtete.
1993 bis 2005 war er Mitglied des Grossen Rates
Urs Locher der Politiker: Schon während der Seminarzeit hatte er sich im Jugendparlament engagiert. 1973 kandidierte er für den Verfassungsrat. Die Stimmberechtigten des Bezirks Zofingen wählten den beliebten und auch in Vereinen aktiven Lehrer mit einem sehr guten Resultat. In diesem Gremium wirkte das FDP-Mitglied bis zum Abschluss der Arbeiten an der Kantonsverfassung im Jahr 1980 mit. 1977 erfolgte die Wahl in den Einwohnerrat, dem er bis 1990 angehörte und den er 1984/85 präsidierte. 1990 wurde Urs Locher Stadtrat und war ab 1992 bis zu seinem Verzicht auf eine erneute Kandidatur im Jahr 2005 Stadtammann. 1993 bis 2005 war der besonnen und pragmatisch agierende Politiker Mitglied des Grossen Rates, in welchem er sich für die Region – insbesondere für die Wiggertalstrasse – einsetzte. Zu den Ämtern, die nicht direkt mit jenem des Stadtammanns verbunden waren, gehörten das Präsidium der Stiftung Aargauer Heimatschutz oder ein Verwaltungsratsmandat bei der AEW Energie AG.
Einem syrischen Flüchtling Deutschunterricht erteilt
Verheiratet war Urs mit Vreni Locher-Wildi, die ebenfalls aus einer Brittnauer Lehrerfamilie stammt. Urs Locher wurde Schwiegersohn des EVP-Grossrats Otto Wildi (1911 – 1996). Vreni Locher war 1964 die erste Leiterin der neu gegründeten Heilpädagogischen Sonderschule (HPS) Zofingen. Sich für Benachteiligte einsetzen, das war auch Urs Locher ein grosses Anliegen. So hatte er beispielsweise einem syrischen Flüchtling Deutschunterricht erteilt und ihn so bei dessen Lehre zum Elektriker unterstützt. Ansonsten nutzte das Paar – beide Ehrenbürger der Stadt Zofingen – seinen Ruhestand für Reisen, Wanderungen und natürlich für die geliebte Musik.