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Urs Schenker im zt Talk: «Der Kanton Aargau ist in der Pflegefinanzierung das Schlusslicht»

Seit fast 16 Jahren leitet Urs Schenker das Vordemwalder Pflegeheim Sennhof, das dieses Jahr den 125. Geburtstag feiert. Im zt Talk spricht Schenker über das Kompliment, das Landammann Jean-Pierre Gallati ihm und seinen Mitarbeitenden zum Jubiläum gemacht hat – und warum sich in der Pflegefinanzierung etwas ändern muss.

Am vergangenen Freitag stieg zum 125.-Jahr-Jubiläum im Sennhof ein grosses Fest. Vor Ort war auch Landammann Jean-Pierre Gallati, der den Begriff Vertrauen ins Zentrum seiner Ansprache stellte. Urs Schenker hat sich gefreut: «Man kann kein grösseres Wort von Anerkennung und Wertschätzung aussprechen, als wenn man sagt: Hier herrscht Vertrauen. Das ist für meine Mitarbeitenden und mich ein riesiges Kompliment», sagt er.

Am Fest habe er mit Gallati nicht über die Pflegefinanzierung diskutiert. «Im Zentrum stand die Feier.» Im Jahresbericht, welchen er dem Landammann vorgängig zustellte, hat er sich indes kritisch geäussert. «Der Kanton Aargau ist in der Pflegefinanzierung das Schlusslicht – da muss sich etwas ändern. Stünde der Sennhof im Kanton Baselland, hätten wir auf der Pflegeseite 800000 Franken mehr Einnahmen – bei den genau gleichen Leistungen. Das kann nicht sein.» Beim Rundgang auf der Demenzabteilung mit Gallati habe er darauf hingewiesen, dass die Abgeltung dort insgesamt ungenügend sei.. «Wir haben einen hohen Anteil an Betreuung, der nicht von der Krankenkasse finanziert wird. Das ist ein Manko.»

Zur Person 

Urs Schenker (1962) absolvierte zunächst eine Bäcker-Konditor-Lehre, bevor er in die Gesundheitsbranche wechselte und Krankenpfleger wurde. Er war Experte für Anästhesiepflege HF und Prüfungsexperte auf diesem Gebiet und bildete sich anschliessend zum Eidg. dipl. Institutionsleiter weiter. Schenker war auch lange politisch aktiv: Er gründete in Gretzenbach SO mit 23 Jahren eine eigene liberale Partei und wurde in den Gemeinderat gewählt, wo er 14 Jahre lang blieb. Die Geschäftsführung des Sennhofs trat er Ende 2007 an. Er ist Präsident Familienausgleichskasse der VAKA, dem Verband der Spitäler, Kliniken, Pflegeinstitutionen und Spitex-Organisationen im Kanton Aargau, und Vorstandsmitglied des Betreuungs- und Pflegezentrums Schlossgarten in Niedergösgen. In seiner Freizeit unternimmt er Bergtouren, liest gerne und interessiert sich für Schweizer Geschichte. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern.  

Urs Schenker ist Geschäftsführer des Sennhofs in Vordemwald.
Bild: pp

In den letzten 16 Jahren wurde der Sennhof grundlegend aus- und umgebaut.  «Als ich angefangen habe, hatten wir für 84 Bewohnerinnen und Bewohner rund vier Duschen und vier Badewannen. Es war eng, mit kleinen Doppelzimmern und dunklen Räumen – eine schwierige Ausgangslage. Heute haben wir moderne, lichtdurchflutete Wohn-, Lebens- und Arbeitsräume – das ist für alle sehr wertvoll.»

Hat er Schwierigkeiten, genügend Personal für den Sennhof zu finden, der über 200 Leute beschäftigt?  «Es geht uns nicht anders als den meisten auch – es ist sehr anspruchsvoll geworden, offene Stellen zu besetzen. Einerseits versuchen wir, mit verschiedenen Massnahmen die Leute zu halten», so Schenker. Junge Führungskräfte erhalten beispielsweise die Möglichkeit, sich weiterzubilden. Andererseits bildet der Sennhof junge Menschen aus, so dass ein Teil des Nachwuchses gesichert ist. Wenn Angestellte einen Kita-Platz brauchen, beteiligt sich der Sennhof an der Finanzierung. Und: «Das Mittagessen wird den Mitarbeitenden im Restaurant serviert.» Was ihn ärgert: Es wird versucht, Mitarbeitende offensiv abzuwerben. So wurden mehrere Kaderleute am Arbeitsplatz angerufen, um ihnen eine neue Stelle anzubieten. «Damit ist die rote Linie definitiv überschritten. Es ist manchmal schon erstaunlich, welche Kultur sich diesbezüglich ausbreitet.»

Der Sennhof verfügt über die grösste Demenzabteilung in der Region. Gibt es Ausbaupläne? «Zum jetzigen Zeitpunkt nicht – obwohl das Bedürfnis vorhanden wäre», sagt Schenker. Die Plätze sind permanent besetzt. Es brauche in der Betreuung Mitarbeitende, die mit Demenzkranken arbeiten wollten. «Das ist eine spezielle Herausforderung und sehr anspruchsvolle Tätigkeit.» Geplant sei, den Austausch mit Angehörigen zu intensivieren. «Wir sind mit der Alzheimervereinigung Aargau im Gespräch, dass wir Treffen für Angehörige von Menschen mit Demenzerkrankung organisieren.» Im August in ein Demenzparcours geplant. «Wir wollen die Angehörigen früh abholen und vielfältige Unterstützung anbieten», so der Sennhof-Geschäftsführer. Eine wichtige Stütze ist laut Schenker auch das Betreuungsteam des Sennhof-Vereins; es organisiert beispielsweise Abendspaziergänge – ein Angebot, das innerhalb des Pflege- und Betreuungsauftrags nicht finanzierbar wäre. «Dafür sind wir sehr dankbar.»

Zum Jubiläum gibt es im Sennhof ein Freilichttheater, bis zum 8. Juli sind noch zehn Aufführungen geplant. «Was die Laienschauspielerinnen und -schauspieler – besser gesagt Amateure – unter der Regie von Nicolas Russi bieten, ist einfach toll und sagenhaft», so Schenker. Auf der Bühne stehen auch drei Buben. «Sensationell, wie die das machen.» Der Applaus zum Schluss beweise jeweils, dass auch das Publikum begeistert sei.

Der reiche und geizige Bauer Habrist (Willy Gloor) Bildmitte in der Wirtschaft, umrahmt (v.l.n.r.) von der Wirtin Martha Gyger (Uschi Walti), den Gemeinderäten Josef Landolt (Markus Bäni), Werner Matter (Urs Rügger), Konrad Amacher (Armin Kälin) und Ernst Buchschacher (Peter Hartmann).
Bild: Franziska Müller

Freilichttheater geht weiter

Das Freilichttheater «vo ganzem Härze» thematisiert die kontroverse Persönlichkeit des Sennhof-Stifters Friedrich Däster und die Gründung des Pflegeheims Sennhof. Unter der Regie von Nicolas Russi treten 20 Laienschauspieler und drei Lausbuben aus der Region auf. Bis zum 8. Juli stehen noch zehn Aufführungen auf dem Programm, das Publikum sitzt unter einer gedeckten Tribüne. Tickets gibt es online unter sennhof.ch/freilichttheater oder Montag bis Freitag am Sennhof-Empfang. Die Tickets kann man mit oder ohne Nachtessen buchen.