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Auf Koks mit Teppichmesser auf Freundin losgegangen: Er bleibt vorerst in U-Haft

An einem Bahnhof in der Region Lenzburg hat ein junger Mann eine Frau verletzt. Er ist kein unbeschriebenes Blatt. 

Warum das so ist, das steht nicht. Aber dass das Teppichmesser die Waffe ist, zu der ein junger Mann schon mehrmals gegriffen hat, ist einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Obergerichts zu entnehmen.

Schon zweimal wurde er wegen Raub in Mittäterschaft verurteilt – damals noch von der Jugendanwaltschaft. Die Vorfälle ereigneten sich Ende 2019 und Mitte 2020. Im ersten Fall hatte der Beschuldigte schon ein Teppichmesser dabei, das er seinem damaligen Opfer vor das Gesicht hielt. Er gab an, dass die Ursache für sein Handeln im Konsum von Koks liege.

Auch im Fall, um den es im jüngsten Entscheid geht, hatte er wieder Kokain konsumiert. Es blieb aber nicht dabei, jemanden zu bedrohen. Der Beschuldigte hat an einem Bahnhof im Bezirk Lenzburg seine Freundin mit dem Messer im Gesicht verletzt. Er fügte ihr eine fünf Zentimeter lange Wunde zu; es sei «einzig glücklichen Umständen zu verdanken», dass es nicht zu einer Lähmung der Gesichtsmuskulatur kam, heisst es im Urteil.

Keine Sucht, «nur» ein schädlicher Gebrauch

Nach dem Vorfall kam der Beschuldigte in Untersuchungshaft. Dagegen wehrte er sich. Stattdessen schlug er – beziehungsweise schlug sein amtlicher Verteidiger – Ersatzmassnahmen vor. Und zwar einige: Verpflichtung zur Abstinenz von Alkohol und Betäubungsmitteln mit regelmässigen Kontrollen, ein Verbot, sich näher als auf 100 Meter von seinem Opfer aufzuhalten, eine Therapie wegen seiner «Sucht- und der Impulsproblematik» sowie seines Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms (ADS) und gar eine Fussfessel mit GPS. Damit könnte sein Standort ständig überwacht werden.

Er beruft sich in seiner Begründung für die Ersatzmassnahmen auf ein psychiatrisches Gutachten. Darin werde ihm keine Kokainsucht attestiert, «sondern ‹lediglich› ein schädlicher Gebrauch» der Droge, heisst es im Urteil. Wegen der U-Haft lebe er ausserdem schon mehrere Wochen abstinent. Während die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau und das Zwangsmassnahmengericht finden, es fehle ihm an der Selbstdisziplin und Selbstreflexion, die für die Ersatzmassnahmen nötig wären, sieht der Beschuldigte das ganz anders. Der Sinn der Therapie wäre ja, so meint er, «seine Problemeinsicht und seine Therapiemotivation ‹herauszuschälen›».

Ausserdem, so argumentiert er weiter, werde er sich hüten, sein Opfer wieder zu kontaktieren. Aus Angst, wieder in U-Haft zu müssen, und vor dem Vater der Frau, die er angegriffen hat.

Staatsanwaltschaft und Zwangsmassnahmengericht gehen, gestützt auf das Gutachten, hingegen davon aus, dass er durchaus wieder zu Drogen und Alkohol greifen würde – «zur Beruhigung». Er würde also nicht davon abgehalten, in einem «wahnhaften, emotional getriebenen und konsumbedingten Zwang» Kontakt zu seinem Opfer aufzunehmen. Die Ersatzmassnahmen, so heisst es weiter, erscheinen ausserdem «aufwendig und kaum praktikabel».

«Eine allgemeine Gefährlichkeit»

Es erstaunt nicht, dass auch das Obergericht beschliesst, den Beschuldigten zu lassen, wo er ist. Das Gutachten lege zwar nahe, dass eine ambulante Behandlung ausreichend sein könnte, um der «festgestellten allgemeinen Gefährlichkeit» des Mannes zu begegnen. Das hätte nicht nur den Vorteil, dass er aus der U-Haft käme, sondern auch, dass ihm die «mutmasslich notwendige ambulante Behandlung» zukäme.

Es heisst aber auch: Die therapeutische Vorgehensweise sei erst skizziert, trage aber den «vorgelegten Sicherheitsbedenken nicht hinreichend Rechnung». Er bleibt also hinter Gittern und muss die Kosten von 1068 Franken für das Verfahren am Obergericht bezahlen.