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Google wollte Links auf mutmasslich falsche Informationen nicht löschen – jetzt greift das Gericht ein

Das höchste europäische Gericht gibt dem Internetriesen Google mal wieder Hausaufgaben auf: Inhalte müssen gelöscht werden, wenn Betroffene nachweisen können, dass die Informationen falsch sind. Dabei gibt es allerdings Einschränkungen.

Suchmaschinen wie Google müssen Links zu Webseiten löschen, auf denen nachweisbar falsche Informationen stehen. Betroffene müssen sich dafür nicht zuerst an denjenigen wenden, der die Informationen ins Netz gestellt hat, sondern können gleich Google in die Pflicht nehmen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg.

Es ist nicht das erste Urteil des EuGH in solchen Fällen. 2014 hatten die Luxemburger Richter in einem Grundsatzurteil ein «Recht auf Vergessen» im Internet eingeführt. Demnach können Menschen einschränken, was erscheint, wenn im Internet nach ihren Namen gesucht wird. 2019 entschied der Gerichtshof allerdings auch, dass dieses Recht nicht für das globale Internet, sondern nur in der EU gilt – zum Beispiel für google.de, aber nicht für google.com.

Gezielt negative Berichte?

Hintergrund der aktuellen Klage ist ein Fall vor dem deutschen Bundesgerichtshof in Karlsruhe, bei dem sich ein Paar aus der Finanzdienstleistungsbranche von einer US-amerikanischen Internetseite in Misskredit gebracht sieht. Das Unternehmen hinter dieser Seite ist wiederum Vorwürfen ausgesetzt, gezielt negative Berichte zu lancieren, um die Betroffenen später damit zu erpressen.

Google hatte sich geweigert, die Links zu den Artikeln zu entfernen. Man könne nicht beurteilen, ob an den Vorwürfen etwas dran sei. Dem folgte der EuGH nicht. Das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten müsse zwar im Hinblick auf seine gesellschaftlichen Funktionen gesehen und gegen andere Grundrechte abgewogen werden.

Die Datenschutz-Grundverordnung sieht demnach ausdrücklich vor, dass es kein Recht auf Löschung gibt, wenn die Daten erforderlich sind, damit Menschen ihr Recht auf freie Information ausüben können. Das Recht auf freie Meinungsäusserung und Information könne allerdings nicht berücksichtigt werden, wenn die Inhalte falsch seien.

Suchmaschine muss nicht nach Beweisen suchen

Wenn eine Person also nachweisen könne, dass eine Suchanfrage auf eine Seite mit offensichtlich falschen Angaben führe, müsse die Suchmaschine den entsprechenden Link löschen. Dazu braucht es auch keine richterliche Entscheidung, hiess es. Die Betroffenen müssen lediglich die Beweise vorbringen, die «vernünftigerweise verlangt werden können». Allerdings muss die Suchmaschine nicht aktiv bei der Suche nach Beweisen mitwirken. Die Nachweispflicht liegt bei den Betroffenen.

Zu Vorschaubildern, die ebenfalls Teil der Klage sind, stellte der EuGH klar, dass die Darstellung von Fotos einen besonders starken Eingriff in das Recht auf Schutz des Privatlebens und der personenbezogenen Daten darstellen können. Google muss daher prüfen, ob die sogenannten Thumbnails erforderlich sind, damit Internetnutzer ihr Recht auf freie Information ausüben könnten.

Hier verlangt der EuGH aber eine differenzierte Perspektive: Man müsse unterscheiden zwischen Fotos, die in einem Artikel in ihrem ursprünglichen Kontext eingebettet seien und den falschen Inhalt veranschaulichten und solchen Fotos, die nur in der Vorschauliste ausserhalb des Kontextes angezeigt werden. Bei den Vorschaubildern müsse dem Informationswert unabhängig vom Kontext Rechnung getragen werden, so der EuGH.

Das deutsche Gericht muss nun über den Fall entscheiden und dabei die Rechtsprechung des EuGH berücksichtigen. Ein Google-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur dpa: «Seit 2014 arbeiten wir daran, das Recht auf Vergessenwerden in Europa umzusetzen und ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen den Rechten der Menschen auf Zugang zu Informationen und Privatsphäre zu finden.» Man begrüsse die Entscheidung und werde nun das Urteil prüfen. (dpa)