Wiener Attentats-Prozess: Lange Haftstrafen für Terror-Helfer
Bei dem Prozess um den Wiener Terror-Anschlag von November 2020 sind zwei Angeklagte als Unterstützer des Täters zu lebenslangen Haftstrafen wegen Mordes verurteilt worden. Zwei weitere Angeklagte erhielten in der Nacht zum Donnerstag im Wiener Landgericht je 19 und 20 Jahre Haft. Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass die vier Männer bei der Auswahl des Anschlagsziels sowie bei der Beschaffung von Schusswaffen und Munition geholfen hatten. Der 20-jährige Täter war ein Sympathisant der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Er tötete am 2. November 2020 vier Menschen im Wiener Stadtzentrum, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Eines der Todesopfer war eine deutsche Kunststudentin, die in dem beliebten Ausgehviertel als Kellnerin arbeitete. 23 Passanten wurden teils schwer verletzt, auch unter ihnen waren einige Deutsche.
Die Staatsanwaltschaft hatte zwei weiteren Männern ebenfalls vorgeworfen, durch die Vorbereitung des Attentats zum Mord beigetragen zu haben. Die Geschworenen sprachen sie jedoch wegen mangelnder Beweise von diesem Haupt-Anklagepunkt frei. Doch sie wurden wegen der Verbreitung von islamistischer Terror-Propaganda mit je zwei Jahren Haft bestraft. Die Strafen wurden teilweise auf Bewährung ausgesetzt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Laut der Staatsanwaltschaft waren die meisten der sechs Angeklagten im Alter zwischen 22 und 32 Jahren aktive Mitglieder in extremistischen Chat-Foren. Der Attentäter und einer der Angeklagten waren vor dem Attentat verurteilt worden, weil sie versucht hatten, nach Syrien zu reisen und sich dort IS-Kämpfern anzuschliessen. Beide wurden Ende 2019 vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen.
Angeklagte bestreiten Nähe zu Attentäter
Die jungen Männer auf der Anklagebank distanzierten sich am Mittwoch vor der Urteilsverkündung noch einmal von dem Attentäter. Sie bestritten enge Kontakte mit ihm und beteuerten, dass sie keine Terror-Sympathisanten seien.
«Für mich war das eine abscheuliche Tat, die in keiner Weise zu rechtfertigen ist», sagte ein 23-jähriger Angeklagter. Er hatte den späteren Täter in die slowakische Hauptstadt Bratislava gefahren, wo dieser erfolglos versuchte, Munition zu kaufen. Er habe nicht mitbekommen, was der Täter plante. «Ich distanziere mich von jeder terroristischen Gruppe», sagte er. Dieser Angeklagte wurde schliesslich auch vom Vorwurf des Mordes freigesprochen.
Die Ermittlungspannen in den Monaten vor dem Anschlag waren kein zentrales Thema bei dem Prozess. Eine Untersuchungskommission des Innenministeriums hatte Anfang 2021 in einem Bericht kritisiert, dass der Verfassungsschutz zwar von der erneuten Radikalisierung des Täters und von dem versuchten Munitionskauf in Bratislava wusste, aber dennoch nicht die Staatsanwaltschaft informierte. Als Konsequenz aus den Behördenfehlern wurde der österreichische Staatsschutz reformiert und Deradikalisierungs-Massnahmen in Gefängnissen verbessert. (dpa)