Sie sind hier: Home > Gerichtsurteil > Gericht gibt Urteil zum «Rockerkrieg» von Belp bekannt: Es verhängt hohe Freiheitsstrafen, spricht aber auch mehrere Angeklagte frei

Gericht gibt Urteil zum «Rockerkrieg» von Belp bekannt: Es verhängt hohe Freiheitsstrafen, spricht aber auch mehrere Angeklagte frei

Das Regionalgericht Bern-Mittelland gibt um 9 Uhr sein Urteil gegen 22 Angeklagte bekannt. Die Polizei steht mit einem Grossaufgebot bereit. Die Ereignisse im Überblick – laufend aktualisiert.

Worum geht es?

Der Motorradclub Hells Angels verlangt, dass sich alle anderen Rockerclubs ihm unterordnen. Wer das nicht tut, muss damit rechnen, verprügelt zu werden. Es geht nicht nur um die Ehre, sondern um geschäftliche Interessen. Mitglieder der Hells Angels sind in verschiedenen, zum Teil kriminellen, Bereichen aktiv und wollen diese kontrollieren.

Lange Zeit war es in der Schweizer Szene ruhig, weil die Hells Angels konkurrenzlos agieren konnten. Das änderte sich 2019, als die Bandidos ihren ersten Schweizer Ableger in Belp BE gründen wollten. Mitglieder der Hells Angels und der verbündeten Broncos statteten einer Bandidos-Party im designierten Clubhaus deshalb einen «Einschüchterungsbesuch» ab. Es kam zu einer Massenschlägerei, in der vor allem die Angreifer verletzt wurden. Ein Hells Angel erlitt einen Bauchdurchschuss.

Die Berner Staatsanwaltschaft klagte 22 Beteiligte beider Seiten an und verlangt für drei Bandidos Gefängnisstrafen und für alle anderen bedingte Strafen. Beim Prozessbeginn vor einem Monat lieferten sich die verfeindeten Rockergangs vor dem Gericht eine Strassenschlacht.

Warum ist das wichtig?

Die Szene ist verschwiegen. Alle Angeklagten haben die Aussage verweigert. Entsprechend schwierig ist die Beweisführung für die Ermittler. Der Fall gibt Einblick in eine Welt, die in der Schweiz häufig glorifiziert wird, und zeigt auf, ob die Justiz die Rockerkriminalität mit den bestehenden Mitteln im Griff hat.

Deutschland geht härter gegen die Rocker vor und verbietet gefährliche Ortsgruppen. Eine Folge davon: Die Mitglieder dürfen keine Waffe mehr tragen. In der Schweiz kommen sie hingegen legal zu Pistolen und Gewehren. Wird das liberale System dem Problem gerecht?

Wie läuft die Urteilsverkündung ab?

Schwer bewacht: Hier findet der Prozess statt.
Andreas Maurer

Sie beginnt um 9 Uhr und dauert aussergewöhnlich lange. Das Gericht rechnet mit drei Stunden. Es kündet «scharfe Sicherheitskontrollen» am Eingang an. Die Polizei ist mit einem Grossaufgebot vor Ort und will ein Aufeinandertreffen der Gangs diesmal verhindern.

Der Wasserwerfer steht bereit.
Andreas Maurer

Auf der Schützenwiese in unmittelbarer Nähe zum Amtshaus haben sich Hunderte Hells Angels und Mitglieder befreundeter Motorradclubs versammelt. Harleys mit Kennzeichen aus der ganzen Schweiz sind dort parkiert. Einige Mitglieder der Motorradgangs sind mit Sturmhauben ausgerüstet. Die Rocker tragen ihre Lederjacken mit den Emblemen.

Grossaufmarsch: Hunderte Mitglieder der Hells Angels versammeln sich bei der Schützenwiese.
Grossaufmarsch: Hunderte Mitglieder der Hells Angels versammeln sich bei der Schützenwiese.Bild: Kari Kälin

An ein Gitter haben die Schweizer Motorradclubs, also die Hells Angels und Konsorten, einen QR-Code montiert. Beim Öffnen schlägt einem eine grosse Portion Pathos entgegen: die Schweizerflagge mit Wilhelm Tell in der Mitte und einem Statement, festgehalten auf Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch. Zudem erklingt der Schweizer Psalm. In der Erklärung betonen die Motorradclubs ihr freundschaftliches und friedliches Verhältnis untereinander. Sie hätten seit mehr als 50 Jahren ein System mit eigenen Regeln für die Bikerszene – das solle auch so bleiben.

Pathos und Patriotismus: Das Statement der Hells Angels und ihrer Freunde.
Pathos und Patriotismus: Das Statement der Hells Angels und ihrer Freunde.Screenshot

Mitglieder der mit den Höllenengel verfeindeten Bandidos wurden in Zone rund um das Amtsgericht bis jetzt keine gesichtet. Die Polizei steht mit zahlreichen Einsatzwagen, Wasserwerfern und einem Grossaufgebot bereit.

So lautet das Urteil in Kürze

Die Urteilsverkündung beginnt. Der Gerichtspräsident geht die Beschuldigten einzeln durch. Der Hauptbeschuldigte wird wie beantragt wegen versuchter vorsätzlicher Tötung verurteilt und zwar zu acht Jahren Gefängnis. Der zweite Beschuldigte hingegen wird von den schweren Vorwürfen freigesprochen und nur wegen Raufhandels verurteilt. In diesem Stil geht es weiter: Mehrere Angeklagte werden verurteilt, mehrere aber auch freigesprochen.