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«Abscheulich» und «furchtbar»: Epstein-Freundin Ghislaine Maxwell wandert für 20 Jahre ins Gefängnis

Die 60 Jahre alte Ghislaine Maxwell, die ehemalige Partnerin des verstorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein, muss ihren Lebensabend hinter Gittern verbringen. 

Eine Entschuldigung in letzter Minute half ihr nur wenig: Ghislaine Maxwell, 60 Jahre alt, ist am Dienstag von Bundesrichterin Alison Nathan zu 20 Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 750’000 Dollar verurteilt worden. In ihrer Urteilserklärung bezeichnete Nathan die Sexualdelikte, die Maxwell begangen hatte, als «abscheulich» und «furchtbar».

Maxwell nahm das Urteil im Gerichtssaal stoisch zur Kenntnis. Die Anklage hatte eine Strafe von bis zu 55 Jahren Gefängnis gefordert, während die Verteidigung auf maximal 5 Jahre plädiert hatte.

Maxwell, langjährige Freundin und Geschäftspartnerin des 2019 verstorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein, hatte zuvor in einem New Yorker Gerichtsgebäude ihr «tiefes Mitgefühl» für ihre Opfer ausgedrückt. Sie sei, wie so viele andere Menschen auch, von Epstein ausgenutzt worden. Ihre Zusammenarbeit mit dem Geschäftsmann nannte sie «den grössten Fehler», den sie jemals begangen habe.

In fünf von sechs Anklagepunkten für schuldig gesprochen

Maxwell war im Dezember 2021 in fünf von sechs Anklagepunkten für schuldig gesprochen worden. Die zwölf Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass Maxwell ihrem langjährigen Vertrauten als Zuhälterin von minderjährigen Mädchen oder sehr jungen Frauen gedient habe.

Maxwell war im Dezember 2021 in fünf von sechs Anklagepunkten schuldig gesprochen worden.
John Minchillo / AP / keystone-sda.ch

Diese Entscheidung fiel den sechs Frauen und sechs Männer nicht leicht: Die Jury debattierte, kurz vor dem Jahreswechsel, 40 Stunden lang. Eine wichtige Rolle während diesen Beratungen spielte «Juror 50», ein Mittdreissiger aus New York, der sich öffentlich mit seinen zwei Vornamen Scotty David identifizierte. Hinter verschlossenen Türen berichtete der Geschworene den übrigen Jury-Mitgliedern, dass er als Kind sexuell missbraucht worden sei. Und dass es auch ihm schwerfalle, sich an einige Details dieses schrecklichen Vorfalls zu erinnern.

Mit dieser Beichte zerstreute Scotty David die Zweifel einiger Geschworenen am Erinnerungsvermögen der wichtigsten Belastungszeuginnen im Prozess. Diese hatten schwere Vorwürfe gegen Maxwell und ihren ehemaligen Weggefährten Epstein erhoben, sich aber nicht immer konzis an die Ereignisse erinnern können. Die Verteidigung wiederum behauptete, dass Maxwell nach dem Tod von Epstein im August 2019 von der Anklagebehörde zum Sündenbock gemacht worden sei. Sie habe nichts von dessen Machenschaften gewusst, behauptete Anwältin Bobbi Sternheim.

Weil Scotty David bei der Auswahl der Geschworenen nicht die volle Wahrheit über seine Kindheitserfahrungen gesagt hatte, stellte die Maxwell-Verteidigung einen Antrag auf Wiederholung des Prozesses. Richterin Nathan – die seit März 2022 vollamtlich als Berufungsrichterin amtiert – schmetterte diesen Antrag aber vor fast drei Monaten ab. Maxwell-Anwältin Bobbi Sternheim kündigte in einer ersten Stellungnahme an, dass sie das das Urteil und das Strafmass anfechten werde.

Offene Fragen über das System Epstein

Das Verfahren gegen Maxwell, das mit ihrer Verhaftung vor fast zwei Jahren begann, hinterlässt dennoch einen schalen Beigeschmack. Auch nach dem Prozess blieb Epstein – die zentrale Figur im Verfahren gegen Maxwell – unfassbar.

Anklage und Verteidigung machten zwar Andeutungen über die einflussreichen Persönlichkeiten, mit denen sich der reiche Financier in den Neunziger- und Nullerjahren stets umgab. Auch aufgrund der negativen Publizität während des Prozesses sah sich Prinz Andrew, der zweitälteste Sohn der britischen König, dazu veranlasst, die Zivilklage eines Epstein-Opfers mit der Zahlung einer Millionensumme beizulegen.

Aber die breite Öffentlichkeit wurde während des Verfahrens gegen Maxwell nicht schlauer über Epstein und seine Helfershelfer. Weiterhin bleibt rätselhaft, wie er jahrelang Hunderte von Mädchen und Frauen schänden und missbrauchen konnte.

Die einzige Person, die Auskunft über das System Epstein geben könnte? Ghislaine Maxwell. Vielleicht wird sie dies nun tun.