Juden sollen zu Hause bleiben – der bedenkliche Fall einer Universität in 5 Punkten
Der Konflikt zwischen Israel und der Hamas spaltet die Welt. Auch in den USA kommt es insbesondere an Universitäten seit Längerem zu Kundgebungen. Nun eskalierte die Situation an der New Yorker Universität Columbia. Ein Überblick.
Die Demonstrationen an der Columbia
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der darauffolgenden Gegenoffensive der israelischen Armee kommt es an US-Universitäten immer wieder zu Protestaktionen, die für die Sache der einen oder anderen Seite einstehen. Die propalästinensischen Gruppen sind dabei in der Überzahl, doch auch proisraelische Studierende führen Kundgebungen durch. Immer wieder kommt es dabei zu Zusammenstössen, bisher zumeist verbaler Art.
An der New Yorker Columbia-Universität droht nun aber eine Eskalation. In der Nacht auf Sonntag war es bei Demonstrationen zu heftigen antisemitischen Äusserungen gekommen, wie zahlreiche Videos auf der Plattform X zeigen.
In einem ist zu hören, wie Teilnehmer rufen: «We say justice, you say how? Burn Tel Aviv to the ground» (deutsch: «Wir sagen Gerechtigkeit, ihr sagt wie? Brennt Tel Aviv bis auf den Grund nieder»). In einer anderen Aufnahme werden die jüdischen Studierenden aufgefordert, «zurück nach Polen» zu gehen.
Auch die Parole «From the River to the Sea», die Israel das Existenzrecht abspricht, wurde skandiert:
Bereits am Donnerstag hatte die Polizei ein propalästinensisches Zeltlager auf dem Campus geräumt und gut 100 Teilnehmer festgenommen. Diese hatten sich trotz mehrfacher Aufforderung geweigert, das Lager aufzulösen, wie ein Polizeisprecher bei einer Pressekonferenz sagte. Berichten zufolge war unter den Festgenommenen auch die Tochter der prominenten demokratischen Abgeordneten Ilhan Omar.
Die Warnung von Rabbi Elie Buechler
Am Sonntagabend (Schweizer Zeit) wurde bekannt, dass ein jüdischer Rabbiner, der am Columbia-Campus unterrichtet, seine orthodoxen Studierenden via Whatsapp davor gewarnt hat, weiter an die Universität zu kommen. Weil die Studenten aufgrund ihres Äusseren als Juden erkennbar sind, sei die Lage derzeit nicht sicher.
Wie mehrere US-Medien übereinstimmend berichteten, schrieb Rabbi Elie Buechler: «Es schmerzt mich zutiefst, Ihnen sagen zu müssen, dass ich Ihnen dringend empfehle, so schnell wie möglich nach Hause zurückzukehren und dort zu bleiben, bis sich die Lage auf dem Campus und in der Umgebung deutlich verbessert hat.»
Aus Sicht des Rabbis haben die Ereignisse deutlich gemacht, dass weder die Universität noch die Polizei für die Sicherheit jüdischer Studierender garantieren könnten. Videos auf X zeigten, dass jüdisch aussehenden Personen der Weg versperrt wurde oder dass sie von bestimmten Arealen gedrängt wurden.
So reagiert die Universität
In einer Erklärung am Sonntag nahm die Universität ebenfalls Stellung zu den Vorfällen. Die Sicherheit aller Studierenden habe höchste Priorität, hiess es darin. Dazu wurde angekündigt, die Sicherheitsressourcen auf dem Campus zu verstärken:
«Wir reagieren auf Bedenken, die wir von unseren jüdischen Studierenden hören, und stellen zusätzliche Unterstützung und Ressourcen bereit, um sicherzustellen, dass unsere Gemeinschaft sicher bleibt.»
So reagiert die US-Politik
Insbesondere republikanische Politikerinnen und Politiker kritisieren die Universität scharf. Die republikanische Abgeordnete Elise Stefanik forderte beispielsweise den sofortigen Rücktritt der Rektorin Minouche Shafik, wieCNNberichtet. Es sei offensichtlich, dass die Schulleitung «die Kontrolle über ihren Campus verloren habe».
Eine weitere republikanische Abgeordnete, Virginia Foxx, die den Bildungsausschuss der Partei im Repräsentantenhaus leitet, schickte am Sonntag einen Brief an die Universitätsleiter, in dem sie diese vor Konsequenzen warnte, wenn sie die Proteste auf dem Campus nicht einzudämmen vermögen.
Die demokratische Gouverneurin von New York, Kathy Hochul, sagte auf X, dass es Antisemitismus sei, jüdischen Studierenden mit Gewalt zu drohen. «Der erste Verfassungszusatz schützt das Recht auf Protest, aber Schüler haben auch das Recht, in einer Umgebung zu lernen, die frei von Belästigung oder Gewalt ist», so Hochul.
Der New Yorker Bürgermeister Eric Adams kündigte indes an, dass die Stadt die Polizeipräsenz rund um den Campus erhöhen werde.
Das sagt Joe Biden
Auch Präsident Joe Biden äusserte sich am Sonntag zu den Vorfällen an der Columbia-Universität. Er verurteilte die zumeist verbalen Angriffe auf die jüdischen Studierenden:
«Selbst in den letzten Tagen haben wir Belästigungen und Aufrufe zur Gewalt gegen Juden gesehen. Dieser offensichtliche Antisemitismus ist verwerflich und gefährlich – und er hat auf dem Universitätsgelände oder irgendwo in unserem Land absolut keinen Platz.»