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Könnte Kanada wirklich der 51. US-Staat werden?

US-Präsident Trump hat sich mehrfach für eine Eingliederung des Nachbarlands in die USA ausgesprochen. Ein Überblick über die Fakten.

US-Präsident Donald Trump hat es wiederholt gesagt: Kanada solle zum 51. US-Staat werden. Er schlägt vor, die knapp 9000 Kilometer lange Grenze zwischen beiden Ländern aufzuheben. Dadurch würden auch die Zölle überflüssig, die er Kanada als einem der wichtigsten Verbündeten und Handelspartner der USA angedroht hat.

Die traditionell 48 zusammenhängenden US-Staaten würden dadurch zu 50 werden, weil das kanadische Territorium zwischen dem US-Festland und Alaska verschwinden würde. Damit wäre dann Hawaii der einzige nichtkontinentale Staat.

Kanada reagierte auf Trumps Vorschlag zunächst so, als handele es sich um einen Scherz. Premierminister Justin Trudeau erklärte, sein Land werde niemals zum 51. US-Staat werden. Doch hinter verschlossenen Türen deutete Trudeau später an, dass der Vorstoss offenbar real sei. Doch ist das wirklich der Fall? Ein genauerer Blick auf die wichtigsten Fragen:

Der scheidende Premierminister Justin Trudeau.
Bild: Sean Kilpatrick / AP

Wie funktioniert der Prozess für die Aufnahme eines neuen US-Staates?

Der US-Kongress muss der Aufnahme eines neuen Staates zustimmen. Notwendig ist lediglich eine Mehrheit im Repräsentantenhaus, aber die Regeln des Senats erfordern mindestens 60 Stimmen in der 100-köpfigen Kammer, um einen Gesetzentwurf zur Abstimmung zu bringen – eine hohe Hürde für alle Arten von wichtigen Gesetzen.

Nach einem Ja des Kongresses zu einem neuen Staat müsste das Gesetz vom Präsidenten unterzeichnet und damit in Kraft gesetzt werden. Der Republikaner Trump hat bereits deutlich gemacht, dass er dies im Fall von Kanada tun würde. Bislang liegt aber noch kein entsprechender Gesetzesentwurf vor.

Hat Kanada eine Mitsprache?

Die Bewohnerinnen und Bewohner eines Territoriums müssen nicht notwendigerweise über eine Eingliederung in die USA abstimmen. In der Vergangenheit gab es verschiedene Wege. Die meisten Staaten wurden jedoch aufgenommen, nachdem der US-Kongress eine entsprechende Petition von einem gesetzgebenden Organ des jeweiligen Territoriums angenommen hatte.

In der Praxis würde Kanada daher vermutlich ein Referendum abhalten, um das Interesse der Wählerschaft an einer Fusion mit den USA zu erheben. Die Chancen auf eine mehrheitliche Zustimmung scheinen gering.

Die Amerikanerinnen und Amerikaner haben laut einer Befragung aus dem vergangenen Jahr ein überwiegend positives Bild von dem nördlichen Nachbarn. Umgekehrt fällt das Urteil etwas gedämpfter aus. In Kanada fühlen sich viele von Trumps Zolldrohung betrogen. Sportfans äussern ihren Unmut, indem sie bei Spielen der nordamerikanischen Basketball- und Hockeyliga die US-Nationalhymne ausbuhen.

Natürlich würde die öffentliche Meinung keine Rolle spielen, wenn sich die USA für eine Invasion Kanadas entscheiden und das Land gewaltsam annektieren würden. Nicht einmal Trump äusserte einen derartigen Vorschlag, obwohl er einen US-Militäreinsatz zur Rückeroberung des Panama-Kanals nicht ausschliessen will.

Wie würde sich eine Eingliederung Kanadas auf Wahlen in den USA auswirken?

Die Antwort lautet: tiefgreifend – und das, ohne darüber zu spekulieren, ob die Kanadierinnen und Kanadier mehrheitlich die Demokraten oder die Republikaner favorisieren würden. Wenn Kanada sich den USA anschliessen würde, wäre es mit seiner Bevölkerung von 41,6 Millionen Menschen der grösste US-Staat, vor Kalifornien mit 39,4 Millionen. Kanada würde zwei Senatoren und 55 Sitze im Unterhaus bekommen. Damit hätte es mit 57 Wahlleuten grossen Einfluss auf die Präsidentschaftswahl und würde Kalifornien mit seinen 54 überholen.

Allerdings ist die Zahl der Sitze im Repräsentantenhaus per Gesetz auf höchstens 435 begrenzt. Daher müssten die Delegationen anderer Staaten schrumpfen, um Platz für die neuen kanadischen Abgeordneten zu machen. Das gleiche gilt für die Wahlmänner und -frauen im sogenannten Electoral College.

Hart umkämpfte Swing States wie Pennsylvania, Michigan und Wisconsin könnten künftig nicht mehr ganz so wichtig sein, wenn bei Präsidentschaftswahlen Millionen Kanadierinnen und Kanadier umworben werden wollen.

Wie sieht es mit anderen möglichen neuen Staaten aus?

Bis Trump seine zweite Amtszeit antrat, drehte sich die Debatte um einen möglichen 51. US-Staat traditionell um Puerto Rico und das Hauptstadtgebiet Washington, D.C. Der Freistaat Puerto Rico ist ein Aussengebiet der USA. Seine Wählerinnen und Wähler haben sich in nichtbindenden Referenden dafür ausgesprochen, dass Puerto Rico vollwertiger US-Staat werden solle. Entsprechende Vorschläge wurden mehrfach im US-Kongress eingereicht, aber nie verabschiedet.

Auch die Einwohnerinnen und Einwohner von Washington, D.C., stimmten dafür, ihren Distrikt in einen US-Staat umzuwandeln. Ein solches Gesetz passierte zwar 2021 das demokratisch kontrollierte Repräsentantenhaus, aber nicht den Senat. Inzwischen kontrollieren die Republikaner beide Kammern und haben wahrscheinlich kein Interesse daran, einen möglichen demokratischen Staat wie Puerto Rico oder D.C. aufzunehmen.

Wann haben die USA zuletzt einen Staat hinzugefügt?

Hawaii wurde 1959 zum 50. US-Staat, fast 18 Jahren nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor. Die Inselkette in etwa 3.900 Kilometern Entfernung vom US-Festland war nach dem Beginn des Spanischen Bürgerkriegs 1898 vom Kongress als US-Territorium annektiert worden. Kurz vor Hawaii war im Januar 1959 Alaska, das derzeit durch etwa 800 Kilometer kanadisches Territorium vom US-Festland getrennt ist, als 49. US-Staat anerkannt worden.(dpa)