Plausch-Jassclub Oftringen: Verbissene Jasser sind nicht unbedingt erwünscht
«Ich habe schon als Kind gerne gejasst», sagt Annelies Kramer. Die 65-jährige Aarburgerin ist Gründungsmitglied des Plausch-Jassclubs Oftringen und seit elf Jahren dessen Präsidentin. Zum Verein ist sie durch einen Aufruf im Zofinger Tagblatt gekommen. Einen etwas anderen Weg zum Verein hat Hanspeter Marrer gefunden. Der in Aarburg aufgewachsene, heute in Hägendorf wohnhafte 66-Jährige hat vor einigen Jahren seine Schwiegermutter, das damals älteste Mitglied im Plausch-Jassclub, zum zweiwöchentlichen Jassen chauffiert. «Ich bin dann einfach hängengeblieben», lacht Marrer, kurz darauf ist er auch in den Vorstand gewählt worden. Nach einer rund zwanzigjährigen Jass-Abstinenz. «Aber ich habe in dieser Zeit das Jassen nicht verlernt», fügt der Kassier und Aktuar des Klubs schmunzelnd an.
Verein wird nächstes Jahr 30 Jahre alt
Im kommenden Jahr darf der Plausch-Jassclub sein 30-jähriges Bestehen feiern. Gross gefeiert wird das Jubiläum wohl kaum. «Unsere Mitglieder treffen sich in erster Linie zum Jassen», sagt Annelies Kramer, und auch das Gesellige sei ihnen wichtig. Sinn und Zweck des Vereins sind damit heute noch gleich wie bei der Gründung vor fast dreissig Jahren. Im Restaurant Eggenscheide wurde der Plausch-Jassclub Oftringen am 2. Dezember 1994 gegründet. Dem ersten Vorstand gehörten Remo Kupferschmid als Präsident, Sandra Müller als Vizepräsidentin sowie Christa Meier, Roland Pickel und René Siegrist als weitere Mitglieder an. Begleitet wurde die Gründung durch einen von René Wullschleger verfassten und im Zofinger Tagblatt veröffentlichten Zeitungsartikel, in dem sich der neu gegründete Plausch-Jassclub Oftringen der Bevölkerung vorstellen konnte. «Remo Kupferschmid legt Wert darauf, dass verbissene Jasser nicht unbedingt beim Plausch-Jassclub Oftringen am richtigen Ort wären», zitierte der Verfasser des Artikels den Vereinspräsidenten und liess auch verlauten, dass ein Wohnsitz in Oftringen nicht Bedingung für eine Mitgliedschaft sei. «Auch heute noch steht die Freude am Spiel im Zentrum», ergänzt Annelies Kramer, und die Mitglieder würden aus der Umgebung, einige auch aus den angrenzenden solothurnischen und luzernischen Gemeinden kommen. Ein internes Turnier führt der Plausch-Jassclub Oftringen dennoch alljährlich durch. Acht Termine sind unter dem Jahr fixiert, an denen ein Abendsieger ermittelt wird. Die fünf besten dieser acht Resultate kommen in eine Jahreswertung – die Jasserin oder der Jasser mit der höchsten Punktezahl wird «Turniersieger», ist also so etwas wie der Vereinsmeister.
Ob Schieber, Coiffeur, Sidi Barrani oder Molotow – an den Tischen in der Alten Braui, an denen sich die Mitglieder des Plausch-Jassclubs alle vierzehn Tage treffen, werden alle möglichen Jassvarianten gespielt.
«Die vier Mitglieder, welche sich zusammen an einen Tisch setzen, bestimmen, welcher Jass gespielt wird», führt Annelies Kramer aus. Nur bei den internen Jassturnieren ist die bekannteste Jassvariante, der Schieber, vorgegeben, wobei der Partner zugelost wird. «Und wenn es einmal nicht auf vier aufgeht, wird auch mal ein Bieter gespielt», ergänzt Hanspeter Marrer.
Schaufeln, Herz, Kreuz und Ecken
Es ist hinlänglich bekannt, dass es in der Schweiz einen sprachlichen Röstigraben gibt, der mehrheitlich entlang der geografischen Grenze der Saane durch den Kanton Freiburg verläuft. Doch auch die Jass-Freunde kennen einen Röstigraben, wobei die Grenzen des «Jass-Röstigrabens» fliessend verlaufen. In der Schweiz wird im allgemeinen westlich der Brünig-Napf-Reuss-Linie, also in der Westschweiz, sowie in den Kantonen Solothurn, beiden Basel, Graubünden und im Tessin mit französischen Karten gejasst. Mit Deutschschweizer Karten wird in der Innerschweiz, in den Kantonen Zürich, Glarus und St. Gallen und beiden Appenzell gejasst. Der Aargau und der Thurgau sind Sonderfälle – hier wird mit beiden Karten gejasst. Wie im Westaargau üblich spielen die Oftringer Plauschjasser mit französischen Karten. Schaufeln, Herz, Kreuz und Ecken sind hier gebräuchlich, nur die wenigsten benutzen die deutschen Karten mit den Farben Rosen, Schellen, Eicheln und Schilten.
Art Nationalsport – aber keine schweizerische Erfindung
Der Jass gilt als nationales Kartenspiel der Schweiz und ist auch in die Liste der lebendigen Traditionen der Schweiz aufgenommen worden. Schätzungsweise drei Millionen Jasserinnen und Jasser spielen das Kartenspiel regelmässig. Das Spiel erfunden hat aber kein Schweizer. Es wird vermutet, dass Kartenspiele über die Seidenstrasse und über die Meere von Osten nach Europa kamen. Denn in China und Korea wurden Spielkarten aus dem 12. Jahrhundert gefunden. Allerdings wurde auch hierzulande schon im 14. Jahrhundert mit Karten gespielt – behördliche Verbote wie eines von 1379 in St. Gallen zeugen davon. Das Jassspiel selber soll gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch protestantische Söldner aus den Niederlanden in die Schweiz gekommen sein.
Ähnliche Probleme wie andere Vereine
Auch wenn viele Schweizerinnen und Schweizer regelmässig jassen – der Plausch-Jassclub Oftringen hat momentan keine akuten Platzprobleme. «Die Mitgliederzahl war über all die Jahre schwankend», sagt Annelies Kramer. In den besten Jahren dürfte der Verein etwas über dreissig Mitglieder gehabt haben, heute sind es gegen 25, wobei meist an vier bis fünf Tischen gejasst wird. «Ganz schwierig war die Zeit der Corona-Pandemie», sagt Hanspeter Marrer, «da haben wir acht Mitglieder verloren». Ein Verlust, der nach einem Inserat im Zofinger Tagblatt fast wieder kompensiert werden konnte. «Uns fehlen in erster Linie jüngere Mitglieder», betont Annelies Kramer, der Verein sei mit Mitgliedern im Alter zwischen 56 bis 85 Jahren überaltert.
Neue, auch nicht so versierte Jasserinnen und Jasser sind darum herzlich willkommen. Bei Interesse können Sie sich bei der Präsidentin, Annelies Kramer, Telefon 078 754 70 96 oder per Mail annelieskramer@hotmail.com melden. Die Jass-Abende finden alle zwei Wochen im Restaurant Alte Braui an der Luzernerstrasse in Oftringen statt, ein nächstes Mal am 25. Januar mit Beginn um 19.30 Uhr.