
Bella Stau! So lang waren die Oster-Blechlawinen am Gotthard seit 1987
Trotz der schlechten Wetterprognosen fürs Tessin werden sie wieder Stossstange an Stossstange stehen – kilometerlang. Wer über Ostern in den Süden will, der muss sich zunächst in Geduld üben. Vor allem vor dem Gotthard-Strassentunnel gehört der Stau mittlerweile genauso zu den Festtagen wie die Eiersuche oder das «Urbi et orbi» des Papstes.
Nachdem die allseits beliebte Reise ins Tessin wegen Corona 2020 und 2021 mehrheitlich ins Wasser gefallen war, herrschte an den Osterwochenenden in den letzten Jahren wieder Hochbetrieb. Vor dem Gotthard bildeten sich Staus, die teils deutlich jenseits der 10-Kilometer-Marke lagen, die Wartezeit betrug oft mehrere Stunden.
Den Rekord im neuen Jahrtausend stellte das Jahr 2022 auf: 22 Kilometer war die Blechlawine am Nordportal am Karfreitag lang. Übertroffen wurde diese Staumarke gemäss demVerkehrsinformationsdienst Viasuissenur an Ostern 1998, als ein heftiger Wintereinbruch für chaotische Zustände am Gotthard und 25 Kilometer Stau sorgte. Im letzten Jahr, als die Wetterprognosen ähnlich wie in diesem nicht gerade rosig waren, wurden lediglich Spitzen von 13 Kilometern gemessen.

Bild: Michele Limina / Keystone
Stauspitze an Karfreitag
In diesem Jahr fand die erste Reisewelle in Richtung Süden wie bereits im Vorjahr am Wochenende vor Ostern statt: 14 Kilometer war die Blechlawine am letzten Samstag lang. Grund dafür war der Beginn der Frühlingsferien in einigen Kantonen sowie in neun deutschen Bundesländern. Die seit drei Jahren anhaltende Tendenz mit auf zwei Wochenenden verteilten Stau-Spitzenzeiten scheint sich mittlerweile etabliert zu haben.
Während der Woche vor Ostern wird erstmals am Mittwoch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen in Richtung Süden erwartet. Am Gründonnerstag sei bereits frühmorgens vor 8 Uhr mit Stau zu rechnen, teilt derTCSmit. Mit dem Höhepunkt der Blechlawine sei dann zwischen 16 und 20 Uhr zu rechnen, wobei sich der Stau vor dem Nordportal in Göschenen wahrscheinlich gar nie auflösen werde.
Stau am Gotthard-Nordportal über Ostern (2017 bis 2024):

Die grösste Reisewelle wird wie bereits im Vorjahr am Karfreitag erwartet. Mit Spitzenwerten ist insbesondere zwischen 8 Uhr morgens und 18 Uhr zu rechnen, erst danach ist mit einer Entspannung zu rechnen. Wer nach Italien reist, muss zusätzlich auch am Grenzübergang Chiasso mit Wartezeiten rechnen.
Stau am Gotthard-Südportal über Ostern (2017 bis 2024):

Nur während Corona kein Stau
Schon in der Vergangenheit waren Gründonnerstag und Karfreitag die mit Abstand staureichsten Tage am Gotthard, wie unsere aktuelle Staurecherche zeigt. In derSchweizer Mediendatenbank SMDhaben wir sämtliche Staulängen am Gotthard seit 1987 aus Zeitungsartikeln und Presseberichten herausgesucht. Weiter zurückliegend war dies aufgrund fehlender Angaben nicht mehr möglich.
Einspurigkeit als Nadelöhr
Die Daten zeigen, dass sich bereits in den 1980er-Jahren, als das durchschnittliche Verkehrsaufkommen noch deutlich tiefer lag als heutzutage, die Blechlawinen zu Osterbeginn aufzustauen begannen. Der Grund ist schnell gefunden: Der nur einspurig befahrbare Tunnel kann lediglich eine bestimmte Fahrzeuganzahl schlucken – pro Stunde rund 1000 Autos und 150 Lastwagen. Schon 1987 wurde dieses Maximum am Karfreitag mit 27’134 Fahrzeugen beinahe ausgereizt.
Die Staulänge hängt aber nicht nur von der Anzahl der Fahrzeuge, sondern auch von weiteren Faktoren ab. Eine grosse Rolle spielt das Wetter. Unerwartete Wintereinbrüche vor dem Nordportal können den Stau schnell in die Länge ziehen, schlechte Wetterprognosen im Süden – so wie in diesem Jahr – können genau das Gegenteil bewirken. Auch Unfälle im Tunnel oder davor haben einen grossen Einfluss, genau wie der Ostertermin selbst. Je später die Festtage im Jahr liegen, desto grösser die Chance auf gutes Wetter im Süden, was sich wiederum auf das Verkehrsaufkommen auswirkt.
Der Blick auf die Statistiken zeigt aber vor allem eines: In den letzten 37 Jahren konnte nur die Pandemie den Osterstau aufhalten. Ansonsten war er – mal etwas länger, mal etwas kürzer – immer da.