Stimmrechtsalter 16? Das hält der Aargauer Regierungsrat von der Idee
Diese Initiative ist alles andere als kompliziert: In der Kantonsverfassung an der richtigen Stelle die 8 durch eine 6 ersetzen und zack – Stimmrechtsalter 16 wäre Tatsache. Schon dürften alle 16- und 17-Jährigen mit Schweizer Pass im Aargau wählen und abstimmen gehen.
Einzig vom passiven Wahlrecht wären die knapp 11’000 Aargauerinnen und Aargauer in diesem Alter weiterhin ausgeschlossen: In den Grossen Rat, den Regierungsrat oder die Gerichte könnten sie sich nicht wählen lassen.
Die Forderung für ein aktives Wahlrecht ab 16 auf Kantonsebene ist jedenfalls breit abgestützt: Fast alle Aargauer Jungparteien oder zumindest Teile davon (Jungfreisinnige Sektion Freiamt) haben gemeinsam die Volksinitiative «Für eine Demokratie mit Zukunft – Stimmrechtsalter 16 im Aargau» lanciert. Vor rund einem Jahr wurde die Initiative mit 3184 Unterschriften eingereicht. Einzig die Junge SVP unterstützt das Anliegen nicht.
Damit ist sie nun nicht mehr alleine: Wie der Aargauer Regierungsrat am Freitag mitteilt, empfiehlt er die Initiative ebenfalls zur Ablehnung. Zwar begrüsse er ein aktives politisches Engagement junger Menschen. «Es lässt sich nicht bestreiten, dass aufgrund der Alterung der Bevölkerung Jugendliche heute bei den politischen Entscheidungen weniger stark vertreten sind als der Rest der Stimmberechtigten», heisst es in einer Medienmitteilung des Regierungsrats. Mit der Initiative könnte dieses «Ungleichgewicht in der politischen Beteiligung der Generationen gemildert werden», heisst er weiter.
Gründe für die Ablehnung
Dennoch ist der Regierungsrat der Meinung, dass das Stimmrechtsalter weiterhin dem Mündigkeitsalter entsprechen soll. Sein Hauptargument: «Rechte und Pflichten des Einzelnen sind in der Schweiz eng miteinander verknüpft. So können 16- und 17-Jährige keine Verträge rechtsgültig unterzeichnen. Bei dieser Einheitlichkeit von Stimmrechtsalter und Mündigkeitsalter soll es bleiben.»
Zudem seien die Jugendlichen laut Regierungsrat ohnehin nicht vollständig vom politischen Leben ausgeschlossen. In Jugendparlamenten, Jugendsessionen oder in Jungparteien könnten sich Minderjährige heute schon «aktiv einbringen und etwas bewirken».
Als weiteren Grund für die Ablehnung wird die Tatsache genannt, dass es durch die Initiative zu unterschiedlichen Regelungen zwischen Bund, Kanton und Gemeinden kommen würde. Das gelte es zu vermeiden. Auf einen Gegenvorschlag habe man bewusst verzichtet, da der Initiativtext kaum Spielraum dafür lasse.
Initiativkomitee über Antwort «nicht überrascht»
Initiativen für eine Herabsetzung des Stimmrechtsalters haben in der Schweiz generell einen schweren Stand. Einzig der Kanton Glarus kennt heute schon ein Stimmrechtsalter 16. Die Stimmbevölkerung von Uri (2021), Zürich (2022) und Bern (2022) lehnte eine Herabsetzung zuletzt deutlich ab. Im Februar wurde das Anliegen zudem auch vom Nationalrat bachab geschickt.
«Von der Antwort des Regierungsrats sind wir nicht überrascht», sagt Gion Reto Kaiser, Vorstandsmitglied des Initiativkomitees. «Dennoch hätten wir uns eine progressivere Haltung des Kantons gewünscht.» Die Argumente des Regierungsrats will Kaiser nicht gelten lassen.
Zur Differenz von Stimmrechts- und Mündigkeitsalter hält er fest, dass die Religions- und die sexuelle Mündigkeit schliesslich auch schon mit 16 begännen. Zu einem Auseinanderdriften der Regelung auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene sagt er: «Der Aargau wäre ja kein Präzedenzfall. Im Kanton Glarus funktioniert es schon hervorragend.»
Kaiser hält die Chance für die Initiative aber für intakt: «Rein auf Sachebene spricht nichts dagegen. Und der Aargau hat schon gezeigt, dass er bei gesellschaftspolitischen Themen sehr fortschrittlich sein kann.» Darüber abgestimmt wird am 24. November.