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Vom Bescheissen und beschissen werden

Kürzlich vor der Landi in Reiden. Ein schicker brauner Mini schneidet mir den Weg zum Eingang ab, hält direkt vor mir. Das Beifahrerfenster wird runtergefahren. Ein Mann mit fettigem Haar, Brille und eigenartig langem Schnäuzer, vielleicht Ende dreissig, lacht mich an. Er: «Sie sind Schweizer?» Ich: «Ja, ich heisse sogar so.» Er: «Sie sind ein guter Mann, ich schenke ihnen etwas!» Ich lache laut.

Er greift auf den Beifahrersitz und streckt mir eine Schachtel entgegen, in der sich sechs Küchenmesser und ein Keramik-Sparschäler als Bonus drin befinden. Rosenberg Professionnel, UVP 159 € lese ich. Schwarze Antihaft-Klingen, Holzgriffe. Der Schnäuzer öffnet die Schachtel, holt das grösste Gemüsemesser raus und zack, die beiliegende Verkaufsbroschüre ist sauber in zwei Teile zerschnitten. Er: «Klingen müssen nie schleifen, gut, hä? Ich: «Ziemlich gut. Aber weisst du was? Niemand schenkt einem Fremden irgendetwas, was ist der Haken an der Sache?» Er (lacht): «Gar nichts! Brauchen schon Benzin, vielleicht kannst du mir geben etwas.» Ich: «Wie viel denn?» Er: «Wie viel du hast?»

Ich greife nach hinten rechts, öffne das Portemonnaie. Ich sehe drei Zwanzigernoten. Ich: «Vierzig Franken hätte ich.» Er: «Ich gebe dir zwei Schachteln» (greift auf die Rückbank und streckt mir eine weitere Schachtel entgegen). Ich gebe ihm die vierzig Franken und nehme beide Schachteln entgegen. Er: «Vielleicht hast du noch blaue Note?» Ich: «Komm, wir vergessen es! Gib mir das Geld wieder, ich gebe dir die Messer.» Der Schnäuzer steckt die 40 Franken schnell in die Hosentasche, legt den Gang ein und fährt weg. Ich stelle fest: Die Messer-Griffe sind aus Kunststoff in «Holzoptik», das Eurozeichen hinter dem UVP 159 ist gar kein Eurozeichen, sondern ein C, was auch immer das bedeuten soll. Die Messer sind hässlich. Aber abnormal scharf. Ich frage mich: Wurde ich gerade beschissen?

Das ist aber noch nicht die ganze Geschichte. Direkt nach dem idiotischen Messerkauf fahre ich nämlich zu einem nahegelegenen Discounter und lege eine Schachtel mit 36 Starbucks-Kaffeekapseln (Fr. 17,95) aufs Band und drei Sixpack Budvar Lager (à 9 Franken). Die junge, apathische Kassiererin sagt: zweiundzwanzig fünfundvierzig. Ich: «Wie viel?» Sie wiederholt den Betrag. Ich denke: «Merkst du denn nicht, dass das niemals stimmen kann?» Sie starrt weiterhin vor sich hin. Tja, was soll man da machen? Ich bezahle und haue ab.

Die unverhofften 22 Franken 50 Ersparnis kann ich nun mit den 40 Franken für die beiden Messersets verrechnen. Nun kostet ein Messerset noch 8 Franken 75 und ich darf mit Genugtuung konstatieren: Nein, ich wurde nicht beschissen. Die Frage, die sich nun aufdrängt, lautet eher: Habe ich gerade beschissen?