Vom Chef persönlich «geschminkt»: So entstehen die feinen Wälchli-Schoggihasen
«Am Donnerstag und Freitag ist jeweils ‹Osterhasen-Tag› in Aarburg», sagt René Wälchli. Der 61-Jährige ist Mitinhaber der gleichnamigen Rothrister Bäckerei-Konditorei-Confiserie, die er vor 36 Jahren gegründet hat und die mittlerweile 12 Filialen und 140 Mitarbeitende zählt. Hier, im ehemaligen Handelshof an der Aarburger Bahnhofstrasse, werden Spezialitäten wie hausgemachte Glacé oder Schoggistängeli gefertigt. Oder eben Schoggihasen. «Das Gros ist natürlich bereits produziert», präzisiert Wälchli, doch es würden immer noch so viele Nachbestellungen aus den Filialen eintreffen, dass an zwei Tagen pro Woche nachproduziert werden müsse.
Die Temperatur muss stimmen
Auf der Anrichte im grossen Raum liegt Form an Form, aus dem Rohr des Temperiergeräts läuft pausenlos flüssige Milchschokolade, während René Wälchli konzentriert am Arbeiten ist. «Ich bin gerade am Schminken», erklärt er. Mit einem feinen Spritzbeutel verpasst Wälchli dem «Lachhasen» eine rote Zunge, später schwarze Augen, weisse Ohren und Pfoten. «Man muss konzentriert bleiben dabei, denn man arbeitet ja am Negativ», betont er. Erst wenn die Hasen vollständig geschminkt sind, können die beiden Formen – Vorder- und Hinterteil – geklammert werden.
Doch bereits vorher hat René Wälchli die Couverture temperiert. «Ein wichtiger Vorgang, bei dem es auf jedes Grad ankommt», betont Wälchli. Beim Temperieren wird die Kakaobutter in der Couverture vorkristallisiert. Dabei muss die Couverture zuerst auf eine Temperatur von 48 bis 50 Grad Celsius erwärmt, anschliessend auf 26 bis 27 Grad abgekühlt und dann wieder auf 32 Grad erwärmt werden, bis sie verarbeitet werden kann. «Nur so erhält die Schokolade nach dem Auskühlen den erwünschten Glanz», betont der Rothrister Bäckermeister. «Wird beim Temperieren nicht exakt gearbeitet, erhält die Schokolade einen unansehnlichen gräulichen Ton», führt Wälchli weiter aus, dann könne man das Ganze gleich wieder einschmelzen.
Keine Engpässe, trotz teurerer Rohstoffe
«Osterhasen werden knapp» – solche Schlagzeilen waren in den vergangenen Wochen öfter in den Medien zu lesen. Diese Befürchtungen hätten sich trotz teilweise unterbrochener Lieferketten oder teurerer Rohstoffe nicht bewahrheitet, stellt René Wälchli klar. Couverture ist in genügendem Ausmass vorhanden. Der Schoggi-Osterhase wird also in keinem Haushalt fehlen.
Sie läuft und läuft – die flüssige Schokolade aus dem «Schoggibrunnen». Und nun wird sie gebraucht. «Jetzt werden die Formen mit Schokolade ausgegossen», erklärt René Wälchli und giesst die unten offenen Formen mit Schokolade aus. Dann werden die Hasen um die eigene Achse gedreht, damit die Couverture in alle Winkel der Formen fliessen kann.
Anschliessend werden die Formen auf einen «Rüttler» gestellt. «Damit wird verhindert, dass Blasen entstehen», erklärt Wälchli. Und zugleich läuft die überflüssige Schokolade aus der Hasenform auf das darunterliegende Backblech. «Rein optisch haben die Hasen bereits ihr definitives Aussehen erhalten», sagt Wälchli, der sein Werk sichtlich zufrieden betrachtet – die nach wie vor grosse Leidenschaft für seinen Beruf ist augenscheinlich.
Doch fertig sind die Schoggi-Osterhasen noch nicht, es stehen zwei weitere Arbeitsgänge bevor. «Die Dicke fehlt noch, ansonsten wäre die Bruchgefahr zu gross», erklärt Wälchli, der die Hasenformen in der Folge ein zweites Mal ausgiesst. Dann fehlt noch der Boden. Dazu streicht Wälchli ein Backblech gleichmässig mit Couverture aus und stellt die Hasen in die Schoggischicht. Dann kommen die Bleche mitsamt den Hasen in den Kühlschrank. «Nach etwa 90 Minuten kann man sie ohne Probleme aus dem Blech lösen und dann die Formen vorsichtig entfernen. Schliesslich – nach einer Arbeitszeit von gut drei Stunden – ist die erste Ladung Osterhasen bis auf die Verpackung fertig. Und jetzt? René Wälchli lacht: «Das Ganze von vorne – mit anderen Formen.»
5000 Osterhasen gehen über den Verkaufstisch
«Das Ostergeschäft ist ein bedeutendes Geschäft für ein Unternehmen in unserer Grösse», betont Geschäftsführerin Ruth Haab. 25 verschiedene Formen und Grössen von Osterhasen werden in der Bäckerei-Konditorei-Confiserie Wälchli Jahr für Jahr gefertigt. «Ziel ist auch dieses Jahr, rund 5000 Osterhasen zu verkaufen», sagt Haab.
Die Hasen haben alle einen Namen. «Benno» heisst der Hase mit dem Rüebli, «Mayeli» trägt eine rosa Schleife, der «Lachhase» zeigt seine rote Zunge und «Shaqiri» kommt – das war wohl zu vermuten – mit dem Ball daher. Daneben gibt es auch die traditionelleren Formen wie den «Korbhasen», der farbige Eier in seinem Korb trägt, oder der ganz traditionelle «Sitzhase». Und auf Bestellung wird sogar ein extragrosser «Sitz-/Korbhase» in einer Höhe von sagenhaften 68 Zentimetern gefertigt. Favorit in der Wälchli-Hitliste ist dabei der «Lachhase», der am besten verkauft wird. Auf den weiteren Rängen folgen «Tina» und «Joe», danach die traditionellen Sitz- und Korbhasen.
Es gibt in der Schweiz einen Schoggigraben
Und auch was die Schokolade betrifft, ist die Rangordnung klar. 80 Prozent aller in der Schweiz verkauften Osterhasen sind aus Milchschokolade. Das ist auch bei den Hasen aus dem Haus Wälchli ähnlich. «73 Prozent unserer Hasen sind aus Milchschokolade, 15 Prozent sind dunkel, 10 Prozent weiss und 2 Prozent bestehen aus Krokant», weiss Ruth Haab.
Allerdings gibt es in der Schweiz nicht nur einen Röstigraben, sondern auch einen Schoggigraben. Eine detaillierte Studie, die von Cailler erstellt wurde, hat gezeigt, dass es Westschweizer und Tessiner im Allgemeinen eher dunkel mögen, wenn es um Schokolade geht, Deutschschweizer bevorzugen helle Schoggi.
Überhaupt sind Herr und Frau Schweizer Spitze, wenn es um den Schoggi-Genuss geht. Mit einem Konsum von 9,9 Kilogramm jährlich assen Schweizerinnen und Schweizer 2020 am meisten Schokolade in ganz Europa. Allein an den Ostertagen sollen es – je nach Quelle – zwischen 500 und 600 Gramm sein.