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Von wegen Hosenherunterlassen: Parlament verpasst Chance zu mehr Transparenz

Auch künftig wird nicht öffentlich, wie viel Parlamentarier aus Nebeneinkünften verdienen. Damit verspielt die Politik leichtfertig Vertrauen.

Das Killerargument sind die Unterhosen. Würde im nationalen Parlament mehr Transparenz Einzug halten, müsse jeder und jede die Hosen runterlassen. Das war zumindest die Argumentation von Daniel Jositsch zum neusten Transparenz-Vorstoss im Ständerat. Mit Händen und Füssen wehrte er sich namens der Kommission, dass die Hosen da bleiben, wo sie hingehören. Stramm festgezurrt über der Gürtellinie.

Damit verpasste das Parlament – einmal mehr – eine Chance. Nicht jene, dass all die Jositischs plötzlich nur noch in Boxershorts und Slips durchs Bundeshaus stolzieren, sondern dass endlich etwas mehr Licht in die Nebenämter der Politiker gekommen wäre. Der Vorstoss, den die kleine Kammer am Ende bachab schickte, wollte nur Transparenz über die ungefähre Höhe der Nebeneinkünfte – also höchstens ein neckischer Knöchelblitzer.

Doch selbst das war einer Mehrheit zu viel Einblick. Heute müssen Parlamentarier und Parlamentarierinnen nur ausweisen, ob sie für eine Nebentätigkeit einen Batzen erhalten – oder ob diese ehrenamtlich ausgeübt wird. Das reiche als Information, fand eine Mehrheit. Es sei nun mal dem Fakt eines Milizparlaments geschuldet, dass es noch weitere Ämter und Berufe brauche. Das gebe nicht nur zusätzliches Geld, sondern auch wichtige Inspiration.

Das mag stimmen. Aber genau darum wäre es wichtig zu erfahren, in welchem Range der jeweilige Lohn liegt. Es sagt auch etwas über die Erwartungshaltungen der Arbeitgeber aus. Der Unterschied zwischen einem Jöbli mit 3000 Franken Spesenentschädigung und einem Beratermandat bei einer Krankenkasse für 150’000 Franken ist gewaltig. All diese Ämtli sind derzeit aber im öffentlichen Register auf der gleichen Stufe. Es steht einfach nur «bezahlt» dahinter.

Für Jositsch würden grobe Gehaltskategorien das Geschmäckle vermitteln, «dass es etwas Anrüchiges hat, wenn wir noch Nebenämter haben». Genau das Gegenteil ist der Fall: Erhält die Öffentlichkeit einen Eindruck, wie viel Geld aus einer weiteren Tätigkeit fliesst, dann hat es eben gerade weniger Anrüchiges. Frei nach dem Motto: Je mehr Brot ich von jemandem esse, desto lauter singe ich sein Lied. Und auf diese Informationen haben Wählerinnen und Wähler ein Anrecht.

Wie gross das Misstrauen in die Bundespolitiker ist, zeigte jüngst das Beispiel von Damian Müller. Der Luzerner FDP-Ständerat wollte Verwaltungsrat des Luzerner Kantonsspitals werden. Der Aufschrei war gewaltig. Müller sei ein Postenjäger mit verschiedenen Mandaten, die zu Interessenkonflikten führen können. Am Ende wurde der Druck zu gross, und er musste auf das Amt verzichten, welches ihm die Kantonsregierung eigentlich schon versprochen hatte.

Vertrauen ist die Währung der Politiker. Und sie wären eigentlich gut beraten, diese nicht durch den Rückzug in die Dunkelkammer zu entwerten. Aber im Ständerat wird auch erst seit 2022 das Stimmverhalten öffentlich dokumentiert. Und auch die Angabe, ob ein Amt bezahlt oder nicht ist, muss erst seit 2019 geleistet werden.

«Junge und Frauen haben offensichtlich weniger Probleme mit mehr Transparenz», führte Heidi Z’Graggen (Mitte/UR) aus. Was sie damit meinte: Es ist eine Frage der Zeit, bis mehr Infos öffentlich werden. Bald wird der nächste Vorstoss kommen, der erneut mehr Transparenz fordert. Schon jetzt war die Entscheidung eher knapp: mit 22 zu 18 Stimmen.

Kommt Zeit, kommt wohl auch hier mehr Licht in die Dunkelkammer. Wiederholt hat sich das Stimmvolk in jüngster Zeit für mehr Transparenz ausgesprochen. Sogar im konservativen Kanton Schwyz wurde eine Initiative der Juso zu mehr Einblick in die Parteifinanzierung angenommen.

Im Ständerat gilt übrigens laut Reglement für die Herren die Vorschrift, dass «mindestens Hemd, Veston und Krawatte oder Fliege» getragen werden müssen. Von einer Hosen-Pflicht steht da eigentlich nichts.