Vorbestrafter wird nach sechs Jahren wieder straffällig – Explosion in seiner Wohnung kostet ihn knapp 55’000 Franken
«I han es Zündhölzli azündt und das het e Flamme gäh», sang Mani Matter vor über 50 Jahren. In diesem Liedtext fantasiert Matter, wie ein kleiner Funke grosse Auswirkungen haben kann. Im Fall eines Beschuldigten aus dem Bezirk Kulm war nicht ein Zündholz der Auslöser für seine Misere, sondern gefälschte Unterschriften, verbotene Waffen und eine Rechaudkerze.
Der 31-Jährige ist vorbestraft und stand wegen mehrfacher Urkundenfälschung und Verstössen gegen das Waffengesetz im August vor dem Aargauer Obergericht. Dabei handelte es sich um eine Berufungsverhandlung, nachdem er im Rahmen derselben Anklage vom Bezirksgericht Kulm bereits im Juni 2022 für die fahrlässige Verursachung eines Feuers und einer Explosion schuldig gesprochen worden war.
Explosion drückte Fensterrahmen aus der Wand
Der Beschuldigte hatte im Februar 2021 eine brennende Rechaudkerze in seiner Wohnung vergessen. Die Kerze stand auf einem Stoffschal, die Flamme ging auf den Stoff über und setzte eine Tasche in Brand, die zwei Spraydosen enthielt. Diese Lack-Dosen explodierten, durch die Druckwelle gingen mehrere Fenster zu Bruch und die Fensterrahmen wurden aus der Wand gedrückt. Dabei entstand ein Sachschaden von über 83’000 Franken.
Das Bezirksgericht Kulm bestrafte ihn für diese Anklagepunkte mit einer Busse von 1000 Franken und einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 90 Franken. Ausserdem wurde der Beschuldigte verpflichtet, 27’000 Franken inklusive Zinsen für den Sachschaden an die Aargauische Gebäudeversicherung zu zahlen, die als Privatklägerin auftrat. Das Bezirksgericht verlängerte zudem seine Probezeit um zwei Jahre.
Vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfälschung und dem Verstoss gegen das Waffengesetz wurde der Beschuldigte aber freigesprochen. Gegen diesen teilweisen Freispruch legte die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm Berufung ein.
Nach der Trennung fälschte er die Unterschrift seiner Ex-Freundin
Die Urkundenfälschungen beging der Beschuldigte bereits im Juli 2020, jedoch flog dies erst im folgenden Januar auf. Bis Mai 2020 wohnte der Beschuldigte mit seiner damaligen Freundin in einer 3,5-Zimmer-Wohnung, der Mietvertrag lautete auf beide Parteien. Als die Beziehung in die Brüche ging, zog die Frau aus. Daraufhin fälschte der Beschuldigte die Unterschrift seiner Ex-Freundin, um die gemeinsame Wohnung zu kündigen.
Weil er im selben Haus in eine kleinere Wohnung ziehen wollte, fälschte er die Unterschrift seiner ehemaligen Partnerin auf seinem neuen Mietvertrag ein zweites Mal. Dadurch machte er sie ohne ihr Einverständnis zur Solidarmieterin. Davon erfuhr die Ex-Freundin aber erst, als sie im Januar 2021 eine Betreibungsandrohung von der Liegenschaftsverwaltung erhielt. Als Folge dessen erstattete sie kurz darauf Anzeige gegen den Beschuldigten.
Bei der Verhandlung vor dem Obergericht war die Ex-Freundin als Zeugin anwesend, Chatnachrichten zwischen ihr und dem Beschuldigten dienten zur Klärung. Vor Gericht führte die Frau aus, dass eine Kündigung der gemeinsamen Wohnung auch in ihrem Sinne war. Jedoch wäre es für sie nie infrage gekommen, mit ihrem Ex-Freund in die neue Wohnung ziehen oder als Solidarmieterin im Vertrag zu stehen.
Für die Fälschung der Unterschrift auf der Kündigung wurde der Beschuldigte nicht schuldig gesprochen, weil er daraus keinen grossen Vorteil geschöpft hat.
Die gefälschte Unterschrift auf dem neuen Mietvertrag gilt hingegen als Urkundenfälschung, weil er sich dadurch einen Vorteil verschafft hat. Das Obergericht stellte fest, dass der Beschuldigte zahlreiche Betreibungen hat und sein Lohn gepfändet wird. Deshalb dürfte es für ihn schwierig sein, alleine eine Wohnung zu mieten. Aktuell ist der Beschuldigte krankgeschrieben und hat ein monatliches Nettoeinkommen von knapp 2700 Franken.
Sechs Jahre straffrei seit dem letzten Delikt
Auch der Anklagepunkt zum Vergehen gegen das Waffengesetz wurde neu betrachtet. Dabei ging es um einen Schlagring und einen Teleskopschlagstock, die nach dem Feuer von der Polizei in der Wohnung gefunden wurden. In der ersten Einvernahme sagte der Beschuldigte, dass der Schlagstock ein «Fake» sei, da er mehrheitlich aus Plastik bestehe und der Schlagring eine Eigenanfertigung sei.
Das Obergericht stellte fest, dass die Gegenstände keine billigen Nachahmungen sind und dazu gemacht sind, Menschen zu verletzen. Daraufhin änderte der Beschuldigte seine Meinung, nun war ihm bewusst, dass es sich dabei um illegale Waffen handelt.
Für die Festlegung des Strafmasses berücksichtigte das Obergericht auch die Reihe von Vorstrafen des Beschuldigten. Er wurde zwischen Februar 2014 und Dezember 2015 vier Mal verurteilt. Die Delikte waren unterschiedlich, von Zechprellerei über Gefährdung durch Sprengstoff bis zur versuchten schweren Körperverletzung.
Der Beschuldigte wurde mit mehreren, teils unbedingten Geldstrafen, einem gemeinnützigen Arbeitseinsatz und einer bedingten Freiheitsstrafe bestraft. Die Delikte beging er alle vor 2014, deshalb befand das Obergericht, dass eine Geldstrafe angemessen und zweckgemäss sei, trotz der verletzten Bewährungsfrist.
Das Gericht verurteilte den Beschuldigten zu einer unbedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 50 Franken. Obendrauf muss er 80 Prozent der Verfahrenskosten und Anwaltskosten tragen sowie die Schadenersatzzahlung von 27’000 Franken inklusive Zinsen an die Aargauische Gebäudeversicherung zahlen. Insgesamt warten Kosten von fast 55’000 Franken sowie eine Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre auf den Beschuldigten.