Habsburgrapport: Regierung streicht traditionellen Offiziersempfang – das stösst Würdenträger vor den Kopf
Anfang Jahr fand bereits der 73. Habsburgrapport statt. Es handelt sich um einen traditionellen Offiziersempfang im Schloss Habsburg, dem Stammsitz der Habsburger. Abtretende Offiziere werden verabschiedet, neue begrüsst. Seit 1949 würdigt der Regierungsrat dabei die guten Beziehungen zwischen dem Kanton Aargau und der Schweizer Armee und dankt Militäroffizieren und Kommandanten für ihren Einsatz in der Armee.
Nach dem Willen des Regierungsrats soll das der letzte Habsburgrapport gewesen sein, wie er Anfang September mitteilte. Er verzichte «nach reiflicher Überlegung» auf eine Weiterführung, schrieb Militärdirektor Jean-Pierre Gallati (SVP) in einem wenige Tage zuvor verschickten Brief. Erhalten haben ihn alle, die auch die Einladung zum letzten Habsburgrapport erhalten haben. Dazu gehören Politikerinnen und Politiker, hohe Militärs oder Verwaltungsangestellte.
Anlass habe seinen Charakter verloren
Gallati führt im Brief zwei Gründe an. Erstens sei der ursprüngliche Charakter des Rapports verloren gegangen. Er verweist vor allem auf die jüngste Armeereform XXI. Der Kreis der Gäste habe sich reduziert. Zudem habe diese Reform die Abschaffung der Truppenkörper der Kantone zur Folge gehabt. «Der ursprüngliche Charakter des Habsburgrapports ging verloren», schreibt Gallati.
Zweitens verweist er auf andere Anlässe, die dem «regen Austausch zwischen Vertretern von Armee und Regierungsrat» dienen. Explizit nennt er die Entlassungsfeiern für Offiziere und höhere Unteroffiziere, die Anlässe für die neu brevetierten Offiziere und mit dem militärischen Berufspersonal, weiter Truppenbesuche, Rapporte der Territorialdivision 2 und der Armeeführung sowie Fahnenübernahmen und -abgaben von Truppenkörpern. Dem Regierungsrat sei bewusst, dass mit der Abschaffung des Anlasses eine über 70-jährige Tradition ende.
Gegen diese Abschaffung regt sich politischer Widerstand. Grossrat Stefan Giezendanner (SVP) reagiert mit einem Postulat, das er an der nächsten Sitzung vom 7. November einreichen will. Unterschrieben haben es zehn weitere Grossräte vor allem von SVP und FDP, je ein weiterer gehört der Mitte und SP an.
Im Postulat fordern die elf Grossräte den Regierungsrat auf zu prüfen, wie der Habsburgrapport als wichtige Austauschplattform zwischen dem Kanton Aargau und der Armeeführung verbindlich verankert werden könne. «Der Habsburgrapport ist eine einmalige Tradition», schreibt Postulant Giezendanner. «Viele Kantone können keine derartige Tradition aufweisen und beneiden den Kanton Aargau um diese Konstante und deren Beziehung zu den Armeekadern.»
Würdenträger vor den Kopf gestossen
Am Schluss des Vorstosstextes wird deutlich, dass Gallatis Briefbotschaft für Emotionen gesorgt hat. Giezendanner schreibt von einer «nicht nachvollziehbaren und willkürlichen Haltung des Regierungsrates». Sie habe Würdenträger, Verwaltungsangestellte und Politiker vor den Kopf gestossen. «Man ist sich allseitig einig, dass ohne zwingenden Grund diese Tradition nicht zu brechen ist.» Giezendanner nennt den Habsburgrapport sogar einen Anlass mit Leuchtturmcharakter für den ganzen Aargau, der schweizweit bekannt sei.
Der Habsburgrapport wurde wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg vom Aargauer Militärdirektor Ernst Bachmann ins Leben gerufen. Der Regierungsrat lud seither alljährlich – mit Ausnahme von 2021 und 2022 wegen Corona – die Kommandanten der Aargauer Truppen und der Aargauer Waffenplätze sowie die aargauischen höheren Stabsoffiziere zum Anlass ein. Der zweite Aargauer SVP-Regierungsrat Alex Hürzeler sagte in seiner Rede am Habsburgrapport 2018 sogar, dieser sei «damals wie heute ein Bekenntnis der Aargauer Regierung zur Armee».