«Es ist keine Liebesheirat, sondern eine Zweckverbindung»: FDP und SVP gehen gemeinsam in die Wahlen
Grüne, SP und GLP gehen gemeinsam in den Wahlkampf. Am Wochenende hat der Parteitag der SP im Arbeiterstrandbad in Tennwil dafür grünes Licht gegeben. Schon etwas länger bekannt ist die Listenverbindung von Mitte und EVP. Und jetzt steht auch die dritte Paarung: Die SVP und die FDP machen, wie bereits bei den Wahlen 2019, ebenfalls gemeinsame Sache. Das hat die Geschäftsleitung der FDP am Dienstagabend beschlossen. Ebenfalls mit an Bord ist wieder die EDU.
«Es ist keine Liebesheirat, sondern eine Zweckgemeinschaft», sagt Sabina Freiermuth, die Präsidentin der kantonalen FDP. Man pflege nicht den gleichen Stil, teile aber die gleichen bürgerlichen Werte. Dass die Freisinnigen wiederum mit der SVP eine Listenverbindung eingehen, hat sich abgezeichnet. Es sei nach eingehender Diskussion ein klarer Entscheid der Geschäftsleitung gewesen, sagt Sabina Freiermuth.
Und es sei die einzige Alternative zum Alleingang. Ihre Wunschpaarung wäre aber die grosse bürgerliche Listenverbindung aus FDP, SVP und Mitte gewesen. «Darauf habe ich hingearbeitet. Aber ich muss zur Kenntnis nehmen, dass sich die Mitte aus der bürgerlichen Politik verabschiedet hat», sagt Freiermuth.
Ziel: Den Linken keinen zusätzlichen Sitz ermöglichen
Aufgrund der bereits bekannten Listenverbindungen habe die FDP durch das Zusammengehen mit der SVP eine reelle Chance auf den dritten Sitz, sagt Sabina Freiermuth. Grundsätzlich gehe es darum, einen bürgerlichen Sitz zu gewinnen und nicht dem linken Block aus Grünen, SP und GLP zu einem weiteren Sitz zu verhelfen. «Genau das riskiert nämlich die GLP mit ihrem Listenverbindungsentscheid», sagt die FDP-Präsidentin. Wäre die FDP ganz allein in die Wahlen gegangen, hätte sie allenfalls dem linken Lager zu einem Sitz verholfen.
Listenverbindungen gehen die Parteien ein, damit überzählige Stimmen angerechnet werden. Im Aargau braucht eine Partei rund 6 Prozent Wähleranteil für einen Sitz. Bei den Wahlen 2019 hat die SVP etwas mehr als diesen Anteil verloren, nämlich 6,5 Prozent. Sie war aber mit 31,5 Prozent noch immer die mit Abstand grösste Aargauer Partei. Die FDP erreichte 13,6 Prozent, das waren 1,6 Prozentpunkte weniger als bei den Wahlen 2015. Beide Parteien verloren je einen Sitz.
Zur Listenverbindung gehörten damals auch die EDU, welche ein Prozent beisteuerte, sowie das Team 65+. Die Seniorenliste um den ehemaligen SVP-Nationalrat Maximilian Reimann erreichte 1,4 Prozent. Die zwei kleinen Partner gingen also leer aus, insgesamt aber reichte die Verbindung für acht Sitze: Zwei für die FDP und sechs für die SVP. Ohne Verbindung hätte die SVP vermutlich sogar zwei Sitze verloren, so aber profitierte sie von Reststimmen der Partner.
Freisinnige wollten Listenverbindungen abschaffen
Dabei sind FDP und SVP eigentlich überhaupt keine Unterstützerinnen von Listenverbindungen. Vor vier Jahren gab es von den Freisinnigen gar einen Versuch, sie abzuschaffen: Im November 2019, zwischen den nationalen Wahlen und dem zweiten Wahlgang für den Ständerat, stellte die FDP-Fraktion im Grossen Rat einen Antrag auf Direktbeschluss für eine Standesinitiative.
Diese hätte in Bern ein Verbot von Listenverbindungen verlangt. Bei kantonalen Wahlen gibt es keine Listenverbindungen. Der Direktbeschluss scheiterte denkbar knapp, mit 63 zu 62 Stimmen. Die FDP hatte die grosse Mehrheit der SVP auf ihrer Seite. Geschlossen gegen die Initiative stimmten aber die damalige CVP, die BDP und die EVP. Auch SP und Grüne lehnten das Anliegen ab – mit je nur einem Abweichler.
Die Verbindung zwischen den beiden bürgerlichen Parteien war indes vorher plötzlich wieder unsicher. Zwei Monate vor den Wahlen im Oktober 2019 machte die SVP Schweiz Wahlkampf mittels eines Plakats, das einen von Ungeziefer verseuchten Apfel zeigte. Die anderen Parteien waren dabei als die verfressenen Würmer dargestellt.
FDP prüfte 2019 die Auflösung der Listenverbindung mit der SVP
Der damalige Parteipräsident der FDP Aargau und heutiger Grossratspräsident Lukas Pfisterer war entrüstet, er bezeichnete das Sujet der Volkspartei als «unterirdisch». Bei internen Diskussionen wurde die Auflösung der Listenverbindung auf den Tisch gebracht. Dann aber wurde klar, dass dies rechtlich gar nicht mehr möglich war.
Listenverbindungserklärungen sind unwiderruflich. Sobald sie beim Kanton deponiert sind, können sie nicht mehr aufgelöst nicht mehr, so will es das Bundesgesetz. Bis dahin haben die Parteien allerdings noch etwas Zeit. Bis am 7. August müssen sie ihre Listen einreichen, bis am 14. August, um 12 Uhr mittags, müssen die Listenverbindungen eingegeben werden. Publiziert werden die Listen am 18. August im Amtsblatt.