Umworbene Grünliberale: Die GLP spannt bei den Wahlen mit der Mitte zusammen – die Grünen haben das Nachsehen
Der Erfolg brachte ihm den Titel «König der Listen» ein: 2011 feierte die GLP unter Präsident Martin Bäumle auch dank geschickter Listenverbindungen einen Wahlsieg. Je nach Kanton ging die GLP Allianzen mit anderen Parteien von links bis rechts ein – je nachdem, was erfolgversprechend war.
Das ist Geschichte. Für die Nationalratswahlen 2023 wollen GLP, Mitte und die EVP in möglichst vielen Kantonen Listenverbindungen eingehen, wie sie am Donnerstag mitteilten. Wie schon bei den Wahlen 2019 haben die Parteispitzen dazu eine Absichtserklärung unterzeichnet.
«Wir haben vor vier Jahren mit diesem Vorgehen gute Erfolge gezielt», sagt Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Etwa acht Sitze hätten die drei Parteien damals auch dank Listenverbindungen erhalten. Es gehe dabei nicht nur um Mathematik: «Was uns eint, ist der Wille, Lösungen zu suchen und zwischen den Polparteien zu vermitteln.»
Abgrenzen gegen Links und Rechts
Die drei Parteien präsentieren sich als konstruktive Kräfte – und grenzen sich gegen links und rechts ab. GLP-Präsident Jürg Grossen sagt: «Das Ziel ist, dass die Stimmen, die für diese drei Parteien abgegeben werden, in der politischen Mitte bleiben und nicht an die Polparteien gehen.»
Er markiert damit nicht nur Distanz zur SVP, sondern auch zu Grünen und SP. In manchen Themen wie der Klimapolitik seien diese Verbündete, in anderen aber nicht. «Wir unterschieden uns von den Grünen auch in der Art, wie wir Politik machen», sagt Grossen. «Wir haben zwar auch weitreichende Forderungen, aber wir sind nicht ideologisch und bereit, im Sinne des Fortschrittes pragmatisch zu sein.»
Diese Aussagen dürften den Grünen nicht gefallen – umso mehr, als sie die GLP ebenfalls gerne als Allianzpartner gehabt hätten. «Wir streben möglichst breite Listenverbindungen auch mit den Grünliberalen an», sagte Grünen-Präsident Balthasar Glättli im August der «NZZ am Sonntag». Am Donnerstag wollten die Grünen keine Stellung nehmen.
Möglich ist, dass es wie vor vier Jahren vereinzelt zu Listenverbindungen von Grünen, SP und GLP kommt. Denn trotz nationaler Absichtserklärung: Am Ende entscheiden die Kantonalparteien über die Listenverbindungen, je nach Konstellation kann eine andere Allianz erfolgversprechender sein.
Politologe Georg Lutz sagt, Listenverbindungen könnten mehrere Sitze ausmachen, wenn man geschickt vorgehe. «Tendenziell profitieren die Grossen bei den Restmandaten. Es lohnt sich also, einen grossen Block zu bilden.» Innerhalb der Listenverbindungen würden wiederum in der Tendenz die Grossen bevorteilt.
FDP stichelt gegen die Mitte
Nicht Teil der Vereinbarung ist die FDP. Man nehme die Absichtserklärung von Mitte, EVP und GLP zur Kenntnis, heisst es dort. «Nationale Stallorder von Parteizentralen kennen wir bisher nur von der SVP», sagt Generalsekretär Jon Fanzun. Überrascht sei man aber nicht über die Absichtserklärung, «zumal die Mitte sich im Parlament immer öfter an Links-Grün orientiert».
Die FDP sei eine föderal organisierte Partei, es liege deshalb in der Verantwortung der Kantonalparteien, mit wem sie Listenverbindungen eingehen. Dabei spielten «sowohl regionale als auch arithmetische Überlegungen» eine Rolle. Das betreffe auch Listenverbindungen mit der SVP, welche diese flächendeckend anstrebt. Mit anderen Worten: Es wird nun gerechnet in den Kantonen.