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Am rechten Rand um Wählergunst buhlen? Warum das bürgerlichen Parteien schadet

Am rechten Rand zu fischen lohnt sich für gemässigte Parteien nicht. Im Gegenteil: Nutzniesserinnen sind oft radikale Parteien. Zu diesem Schluss gelangt eine neue Studie. Der Befund gilt auch für die Schweiz.

Grenzen stärken und Menschen effektiver abschieben: Solche Positionen vertritt im Kampf ums französische Präsidentenamt nicht nur die Rechte Marine Le Pen, sondern auch Amtsinhaber Emmanuel Macron. Doch bringt das etwas? Die Antwortet lautet Nein – zumindest, wenn es nach einer am Donnerstag veröffentlichten Studie geht.

Forscher der Universitäten Mannheim, Wien und Oxford haben die Wahl- und Umfrageergebnisse aus zwölf europäischen Ländern bis in die 1970er Jahre untersucht. Darunter sind Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und auch die Schweiz. Das Fazit: Am rechten Rand zu fischen lohnt sich für gemässigte Parteien nicht. Bisweilen würden radikalere Parteien sogar gestärkt, weil ihre Ansichten etwa zum Umgang mit Flüchtlingen gesellschaftskonformer werden.

«Als Reaktion auf die anhaltenden Wahlerfolge rechtsradikaler Parteien wurde und wird immer wieder gefordert, man müsse deren Themen aufgreifen und ihre Standpunkte übernehmen, um so den Sorgen der Menschen zu begegnen», sagte Politikwissenschaftler Denis Cohen vom Zentrum für Europäische Sozialforschung der Universität Mannheim. «Das, so der Wunsch, würde gemässigte Parteien wieder attraktiver machen und den Rechtsradikalen den Wind aus den Segeln nehmen.» Der Auswertung der Daten zufolge stimmt das in der Regel jedoch nicht.

Nutzniesser ist oft die radikale Rechte

Als Beispiel nannte Cohen die Präsidentschaftswahl in Frankreich. Seit Jahren stünden in dem Nachbarland Themen wie Einwanderung und nationale Identität oben auf der Agenda der Mitte-Rechts-Parteien – in die Stichwahl am Sonntag habe es aber einmal mehr die Rechte Marine Le Pen geschafft.

«Unsere Analysen liefern keine Beweise dafür, dass die Annahme von mehr einwanderungsfeindlichen Positionen die Unterstützung der radikalen Rechten verringert», schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie. Im Gegenteil würden Wechsel von Wählern regelrecht katalysiert – wobei die radikale Rechte oft Nettonutzniesser sei. «Wenn Mainstream-Parteien rechtsradikale Themen aufgreifen, laufen sie eher Gefahr, den rechtsradikalen Diskurs zu legitimieren und zu normalisieren und die radikale Rechte langfristig zu stärken.»

Welche Strategien erfolgreicher sein könnten, lässt sich laut Cohen nicht sagen. «Bislang scheint der Erfolg rechtsradikaler Parteien relativ immun gegen inhaltliche Strategien etablierter Parteien.» (dpa/rwa)