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Die letzte Männerbastion der Schweiz fällt: Wallis wählt Mitte-Frau mit Spitzenresultat in die Regierung

Bei den Staatsratswahlen erreichte Franziska Biner als einzige das absolute Mehr. Christophe Darbellay, der auf den Bundesratssitz schielte, landete auf dem zweiten Platz.

Das Wallis hat zum zweiten Mal in seiner Geschichte eine Frau in seine Kantonsregierung gewählt. Mitte-Kandidatin Franziska Biner erzielte bei den Staatsratswahlen ein Glanzresultat. Mit 51’149 Stimmen erreichte sie als einzige Kandidatin im 1. Wahlgang das absolute Mehr – obwohl sie nicht auf den Bisherigen-Bonus zählen konnte. Anders als ihr Parteikollege Christophe Darbellay, der mit knapp 10’000 Stimmen Rückstand auf dem zweiten Platz landete.

Mit dem Votum der Walliser Bevölkerung fällt die letzte Männerbastion der Schweiz: In keinem anderen Kanton gibt es aktuell eine ausschliesslich von Männern dominierte Kantonsregierung, wie dies im Wallis in den letzten vier Jahren der Fall war.

Wobei man anfügen muss: Im März 2021, als die Walliser Stimmbevölkerung zum letzten Mal wählte und die fünf Regierungssitze mit fünf Männern besetzte, war der Bergkanton damit noch in guter Gesellschaft. Auch sechs andere Kantone hatten zu diesem Zeitpunkt keine einzige Frau in der Regierung: Luzern, Tessin, Appenzell Ausserrhoden, Graubünden, Aargau, Uri.In allen sechs Kantonen änderte sich dies im Laufe der letzten vier Jahre. Und nun also auch im Wallis. Dass eine Frau in den Staatsrat zurückkehrt, war im Vorfeld zwar erwartet worden, weil sich für die fünf Staatsratssitze nur sechs Kandidierende beworben hatten – Franziska Biner als einzige Frau. Ihr derart klares Ergebnis überraschte aber viele.

In Zermatt aufgewachsen, in Zürich studiert

Die 38-jährige hat sich in den letzten Jahren in der Walliser Politik einen Namen gemacht. Seit acht Jahren präsidiert sie die Mitte Oberwallis. 2021 wurde sie in das Kantonsparlament gewählt, letzten Herbst zudem in den Gemeinderat von Zermatt. Dort ist sie mit ihren drei Geschwistern aufgewachsen. Der Vater arbeitete als Bergführer und Elektriker, die Mutter als Hüttenwartin – typische Berufe im Bergdorf. Weniger typisch war dagegen der Umstand, dass Briners Mutter auch mit vier Kindern stets einer bezahlten Arbeit nachging und sich damit der im Oberwallis dominierenden Rollenverteilung widersetzte.

Das hat die neugewählte Staatsrätin politisch geprägt. Die 38-jährige, die an der ETH Zürich Architektur studierte und als Bauleiterin arbeitet, setzt sich dafür ein, dass der Staat Krippenplätze fördert und stärker finanziert. In gesellschaftspolitischen Fragen tickt sie liberal. In anderen Themenbereichen verfolgt sie dagegen eine konservativere Linie, wie man dies von einem Oberwalliser Mitte-Mitglied erwarten würde. Sie gibt neuen Stauseen gegenüber dem Naturschutz den Vorrang und spricht sich für eine härtere Gangart gegen den Wolf aus.

So, wie dies auch ihr Parteikollege Christophe Darbellay tut, dem Aushängeschild der früheren CVP, deren Präsident er von 2006 bis 2016 war. Darbellay landete mit 41’376 Stimmen deutlich hinter Franziska Biner, obwohl er bereits seit 2017 in der Walliser Kantonsregierung sitzt.

Kommt es zu einem zweiten Wahlgang?

Der 53-Jährige hatte in den letzten Wochen mit Bundesratsgelüsten für Schlagzeilen gesorgt. Während die Mitte händeringend nach Kandidaturen für die Nachfolge von Viola Amherd suchte, lud Darbellay sonntagabends zu einer Medienkonferenz ins Unterwallis – nur um pathetisch zu verkünden, er wolle nicht kandidieren, sein Herz schlage fürs Wallis.

Das hat ihm offenbar nicht geschadet. Denn während Darbellay bei den letzten Wahlen vor vier Jahren das schlechteste Ergebnis aller Gewählten verbuchte, war er nun immerhin der Zweitbeste. Hinter ihm folgen die beiden bisherigen Staatsräte Mathias Reynard von der SP (41’368 Stimmen) und Franz Ruppen von der SVP (37’341). FDP-Kandidat Stéphane Ganzer landete auf dem fünften Platz (32’692), weit vor dem grünen Herausforderer Emmanuel Revaz (19’540) auf dem letzten Platz.

Revaz will sich bis am Montag entscheiden, ob er nochmals antritt. Beobachter erwarten, dass der Grüne sich zurückzieht und somit kein zweiter Wahlgang nötig wird. So würde sich an der parteipolitischen Zusammensetzung des Walliser Staatsrates nichts ändern: Bereits in den letzten vier Jahren hatten SVP, SP und FDP je einen Sitz in der Regierung, die Mitte deren zwei.

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