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Warum erschlägt der grosse seinen kleinen Bruder?

Zum Leserbrief «Der Westen versus Russland» von Josef Herzog aus Brittnau.

Die mittel- und osteuropäischen Länder erlitten in der Geschichte des 20. Jahrhunderts eine zweifache Ungerechtigkeit. Sie wurden von Hitler überfallen und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, ohne je gefragt zu werden, der Sowjetmacht unter Stalin und dessen Nachfolgern ausgesetzt. Die Auflösung der Sowjetunion bedeutete für sie eine grosse Befreiung und erweckte die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Bald forderten alle diese Länder zum Schutz ihrer Sicherheit die Einbindung in die Nato, im Blick auf die unsichere Entwicklung in Russland. Erst nach langem Drängen gaben schliesslich auch die USA dem Wunsch nach. Heute sind sogar Schweden und Finnland zu ihrem Schutz vor Russland Mitglieder geworden. Zudem hofften die mittel- und osteuropäischen Länder auf eine rasche Mitgliedschaft in der EU, wobei diese lange zögerte, da sich die bisherigen Mitglieder der grossen finanziellen Belastung bewusst waren. Diese Länder waren nicht einfach Länder für billige Arbeitsplätze. Besonders erfolgreich entwickelten sich Tschechien und Polen, da sie eine Schocktherapie absolvierten und Korruption bekämpften.

Wenn Josef Herzog in seinem Leserbrief schreibt, Russland und die Ukraine wären nahe Brüder, warum erschlägt dann der grosse seinen kleinen Bruder? Es ist mehr als gerecht, wenn die Ukraine heute für seine Verteidigung und später, wie zuvor die anderen mittel- und osteuropäischen Länder, Unterstützung erhält. Der Wille der Ukrainer, Teil des Westens zu sein, darf nicht unterdrückt werden, auch wenn das dem grossen Nachbarn nicht gefällt. Zudem sei daran erinnert, dass nicht nur die USA, sondern ebenso Russland grosse Kriege seit 1991 führten: in Afghanistan, Tschetschenien und in Syrien. Ihre Bombardierungen führten 2015 zu grossen Flüchtlingsströmen nach Europa.

Max Hartmann, Zofingen