Was, wenn ein Blackout nun doch kommt? Die AEW simuliert eine Stromabschaltung beim Wärmeverbund in Magden
Die Sicherungen schalten ab. Eine nach der anderen. Das laute Brummen lässt nach, bis es ganz verstummt. Bald riecht es nach Rauch im Keller, durch die offene Türe strömt kalte Luft.
Was ist passiert?
Thomas Eckert, der für den Betrieb von Wärmeanlagen der AEW arbeitet, hat die Sicherungen manuell ausgeschaltet. Wir stehen in der Heizzentrale des Wärmeverbundes von Magden, einer von rund 80 Fernwärmeanlagen, die die AEW im Aargau betreibt. Das Ziel der Abschaltung: einen Blackout zu simulieren, um zu sehen, wie die Heizkessel reagieren.
Das Licht brennt noch, die Steuerung ist auch noch strombetrieben. Im Ernstfall stünden wir hier mit Stirnlampen. «Die haben wir schon angeschafft», versichert Patrick Glanzmann, ein Arbeitskollege von Eckert. Hier geht es darum, zu testen, wie die Anlagen reagieren.
Ein Holzwärmeverbund braucht Strom
«Die ganze Welt spricht von Blackout, aber die wenigsten Menschen machen sich tatsächlich Gedanken darüber, was das heissen würde», sagt Marcel Kränzlin, Leiter Wärmeanlagen der AEW, vor den versammelten Lokalmedien, die für die Simulation eingeladen wurden. Kein Strom heisst auch: kein fliessendes Wasser, keine funktionierenden Kanalisationen. Und in manchen Fällen keine Heizung.
Das ist bei einem Wärmeverbund der Fall. Denn die Wärme für die Kundschaft entsteht durch Wasser, das im Ofen erwärmt wird. Und das funktioniert nur mit elektrisch betriebenen Pumpen. Bei einem Stromausfall würde von einer Sekunde zur anderen kein warmes Wasser mehr zu den 26 Kunden des Magdener Wärmeverbundes gelangen. Innert weniger Stunden würden sie dies zu spüren bekommen. Gerade in den zwei angeschlossenen Altersheimen dürfte es schnell unangenehm werden.
Dampfwasser beschädigt die Anlagen
Doch das ist nicht das einzige Problem der AEW. Denn in dem Holzofen stecken bis zu anderthalb Tonnen Beton, die sich nur langsam abkühlen werden. Zudem würde das Feuer weiter brennen, bis die Holzschnitzel komplett ausgebrannt sind. Unterdessen würde das Wasser, das in den Leitungen nun still steht, weiter erwärmt, bis es verdampft. «Wenn wir dann die Pumpen wieder anschalten, gehen sie kaputt», erklärt Marcel Kränzlin. Die einzige Möglichkeit, den Wärmeverbund wieder zum Laufen zu bringen, führt Thomas Eckert aus, wäre, die Leitungen komplett zu entlüften und zu leeren, was Stunden dauern könnte.
Die AEW muss deshalb im Ernstfall bei allen Wärmeverbunden vorbeigehen, um sicherzustellen, dass nirgends Wasser verdampft. In Magden versucht sie in den zwei Öfen unterschiedliche Techniken aus. Beim ersten wird die Türe geöffnet und die Glut nach vorne geschoben, sodass das Feuer so schnell wie möglich erlischt. Patrick Glanzmann trägt dafür eine Schutzmaske aus Plexiglas und Handschuhe. Wie ein Pizzaiolo bewegt er die Glut mit Hilfe eines eisernen Stabs.
Beim zweiten Ofen bleibt die Tür zu. Die Techniker prüfen, unter den wachsamen Augen von Teamleiter Adrian Wunderlin und dem Mitglied der Strommangel-Taskforce, Adrian Schwammberger, wie sich die Daten entwickeln. Wie schnell steigt die Temperatur? Wie entwickelt sich der Druck?
86 Grad. 87 Grad. 88. Die Temperatur des Wassers innerhalb der Leitungen steigt. «Mit dem Druck, den wir auf den Leitungen haben, verdunstet das Wasser bei zirka 120 Grad. Das müssen wir in jedem Fall verhindern», erklärt ein Techniker.
Es bestehe keine Gefahr, dass es die Anlage verjage, versichert Adrian Wunderlin. Die hier gesammelten Informationen sollen allerdings die Prioritätensetzung der AEW im Krisenfall beeinflussen: «Wir werden nicht alle Wärmeverbunde gleichzeitig besuchen können. Unsere Teams werden vom einen zum anderen gehen müssen. Die Tests erlauben uns, abzuschätzen, welche Öfen länger warten können und welche wir als Erstes regulieren müssen.»
Kriterien wie die Grösse und das Alter der Öfen seien dazu ebenfalls relevant.
Nach 20 Minuten hat sich im ersten Holzofen Glut gebildet. «Eigentlich perfekt für einen Cervelat», bemerken wir scherzend zu Wunderlin. Dieser lacht. «Ja, für das langets no lang!»