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Wenn die Journalistin zwischendurch Amor spielt

Kommen ältere Herren auf der ZT-Redaktion vorbei, möchten sie meistens eine Anzeige aufgeben oder haben eine Frage zu einem eben erschienenen Artikel. Doch jener rüstige Mann, der da vor mir stand, wollte nichts von beidem. Was er wollte, war eine Frau. «Sie haben eine Frau in der Zeitung, die einen Mann sucht. Also, hier bin ich.» Ich kam erst ins Grübeln, studierte, seit wann wir Artikel über Menschen auf Suche nach Gesellschaft publizieren. Beim Nachfragen merkte ich: Der Mann sprach von einem Inserat.

«Da steht keine Adresse drin. Können Sie mir also sagen, wie ich die Dame kontaktieren kann?» Da stand nun ein Mann auf der Suche nach Glück vor mir. Noch dazu einer, der nicht zu stolz war, dies zuzugeben, wie ich es von allzu vielen Kavalieren meiner Generation kenne. Seine Bemühungen könnte am Ende auch diese Dame glücklich machen. Das Glück von zwei Personen wog schwer in meinen Händen. Ich verlor keine Zeit, holte meine Kollegin von der Inserateabteilung und eine aktuelle Zeitung, um die Annonce zu suchen. Eine Frau fortgeschrittenen Alters suchte darin einen Begleiter fürs Leben.

«Sehen Sie, da steht keine Telefonnummer», bestätigte uns der Mann, worauf die Kollegin ihm erklärte, wie bei einem Chiffre-Inserat vorzugehen ist. «Wie? So kompliziert ist das? Nein, vielleicht lass ich es lieber», meinte er darauf. Nun wollte er also schon aufgeben, wollte meinem Kupplungsversuch so schnell den Todesstoss geben. Das konnte ich nicht zulassen. «Haben Sie sich nicht extra den Weg auf unsere Redaktion gemacht, weil die Dame aus dem Inserat Sie anspricht?», fragte ich. Die für ein Chiffre-Inserat erforderliche Schreibarbeit sei dagegen doch vernachlässigbar klein. «Ja, da haben Sie recht», sagte der rüstige Single nach einer Denkpause. Er verabschiedete sich, schritt Richtung Ausgang, wandte sich aber noch einmal um und sagte augenzwinkernd: «Sie zwei sind wohl beide vergeben, oder?» Gerne wüsste ich, wie es weiter ging. Falls es jemand weiss: mein Kontakt steht anschliessend.

Flurina Sirenioflurina.sirenio@ztmedien.ch

Bsetzistei ist die wöchentlich erscheinende Kolumne aus der Feder der Redaktorinnen und Redaktoren des Zofinger Tagblatts.

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