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«Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten fünf Jahren um bis zu zehn Prozent wachsen werden»

Seit Anfang Jahr ist Karin Berglas Frau Gemeindeammann von Vordemwald. Die letzten zwölf Monate waren sehr intensiv. Auch in der näheren Zukunft wird es nicht langweilig, wie sie im Interview verrät.

Karin Berglas, 2022 ist mit Ihnen als neue Frau Gemeindeammann Vordemwalds, zwei neuen Gemeinderäten und dem neu eingeführten Geschäftsleitungsmodell ereignisreich gestartet. Wie ist das Jahr angelaufen?

Karin Berglas: Im Gemeinderat haben wir uns schnell gefunden und die Zusammenarbeit mit den zwei neuen Mitgliedern Christoph Braun und Silvan Büttler klappt hervorragend. Das Geschäftsleitungsmodell ist gut gestartet, und auch mit der mittlerweile vollbesetzten Verwaltung funktioniert die Zusammenarbeit hervorragend.

Was sind beim neuen Führungsmodell die wichtigsten Veränderungen?

Stephan Niklaus ist neu – neben seiner Aufgabe als Gemeindeschreiber – auch Geschäftsführer der Gemeinde. Die Geschäftsleitung wird durch die Leiterin Finanzen, Bukurije Köchli, und die neue Schulleiterin, Nihal Körber, komplettiert. Durch das neue Modell kann sich der Gemeinderat auf die strategische Ausrichtung der Gemeinde konzentrieren. Die Geschäftsleitung muss dank der effizienteren Prozesse nicht für den kleinsten Entscheid erst noch den Umweg über den Gemeinderat machen. Die Bürger profitieren so von viel kürzeren Wegen, etwa bei einer kleinen Baubewilligung. Das Projekt «Neue Führungsstrukturen» ist aber noch nicht abgeschlossen.

Wie geht es weiter?

Der Gemeinderat hat dieses Jahr mehrere Klausursitzungen, an denen die Strategie weiterentwickelt, die Legislaturziele definiert und die Leistungsaufträge erarbeitet werden sollen. Bis Ende Jahr ist das aber abgeschlossen.

Das Bedürfnis der Bevölkerung, sich wieder zu treffen und auszutauschen, ist spürbar.

Karin Berglas

Frau Gemeindeammann Vordemwald

Karin Berglas (rew)

Können Sie bereits etwas zu den Schwerpunkten verraten?

Uns geht es darum, die hohe Lebensqualität des Dorfes zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dabei sind uns die ruhige Wohnlage, ein gutes Schulangebot und -betreuung, die gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr, Einkaufsmöglichkeiten im Dorf, eine qualitative Ver- und Entsorgung, aktive Vereine sowie ein intakter Natur- und Erholungsraum sehr wichtig. Insbesondere legen wir den Fokus auf erneuerbare Energie bei den Gemeindeliegenschaften. Ebenfalls hohe Priorität hat die Begleitung der Arealüberbauungen, welche die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur miteinbezieht. Ein erster wichtiger Meilenstein zur Erhaltung der Lebensqualität wurde bereits 2020 mit der neuen Bau- und Nutzungsordnung erreicht.

In dieser wurde das Areal rund um das Gemeindehaus als Kernzone 1 definiert.

Genau. Bis Ende Jahr – ob es an die nächste Gemeindeversammlung reicht, ist noch offen – wollen wir der Gmeind einen Verpflichtungskredit zur Ausarbeitung eines Masterplans oder Richtplans für die Kernzone 1 unterbreiten. Wenn diese Auslegeordnung da ist, können wir zeitlich gestaffelt bei Bedarf einzelne Teile davon umsetzen.

Befeuert durch die neue BNO sind zeitnah Überbauungen auf dem Sagi-Areal, dem HEBAG-Areal und beim Iselishof geplant oder bereits im Bau. Wie stark wächst die Gemeinde?

Mittelfristig – und etwas weniger bekannt – sind neben den drei geplanten Arealen auch Überbauungen beim Lärchenhof und beim Lochströssli geplant. Alles in allem sollen auf den fünf Arealen etwa 170 neue Wohnungen entstehen. Der grösste Anteil mit etwa 68 Wohnungen wird auf dem ehemaligen HEBAG-Areal realisiert, auf den anderen Arealen sind es im Schnitt rund je 26 Wohnungen.

170 neue Wohnungen – ein massives Wachstum für eine Gemeinde mit 2000 Einwohnenden.

Das ist definitiv so. Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten fünf Jahren um bis zu zehn Prozent wachsen werden. Das wären 200 neue Einwohner. Um den Bogen zur Kernzone 1 zu machen: Wenn wir plötzlich eine dritte Kindergartenabteilung benötigen, müssten wir wohl einen neuen Kindergarten bauen. Unsere Vision ist dort wirklich, dass wir erst bei Bedarf Stück für Stück des Masterplans umsetzen, mit dem Ziel, dass am Schluss alles zusammenpasst.

Ist das der letzte grössere Bauschub für die Gemeinde?

Das Bauland ist nach Abschluss dieser Projekte tatsächlich knapp. Gemäss BNO ist das letzte grössere Stück die Hültschimatt. Diese ist aber für ein Projekt im Rahmen von generationengerechtem Bauen – Alt und Jung gemeinsam – reserviert. Aktuell geht dort aber noch nichts. Die BNO ist auf 15 Jahre ausgelegt, da ist also noch etwas Zeit. Daneben gibt es nur noch wenige kleinere Parzellen für Einfamilienhäuser, die frei sind.

In der näheren Zukunft wird viel neu gebaut, in der jüngeren Vergangenheit musste dafür wiederaufgebaut werden. Sind die Schäden des letztjährigen Hochwassers beseitigt?

Es sind so gut wie alle Schäden beseitigt, beziehungsweise laufen die letzten Arbeiten dazu. Aber auch dort entsteht Neues: Im Rahmen der Überbauung HEBAG wird auch der Hochwasserschutz am Krummbach umgesetzt. Dieser war auch schon vor dem Unwetter Thema, um die umliegenden und bereits bestehenden Wohnquartiere zu schützen. Am Schluss folgt dann noch der Hochwasserschutzbau des Geissbachs. Apropos Neues im Entstehen: Beim Unwetter hat sich die Pfaffnern einen neuen Verlauf gesucht. Sie fliesst jetzt durch den neugebauten Entlastungsarm. Der alte Hauptarm ist fast stillgelegt. Das lassen wir so – und planen dort eine kleine Erholungsoase.

Abgesehen vom Hochwasser gab es auch noch einen Grossbrand. 2021 war ein ereignisreiches Jahr für die Gemeinde.

Ich bin seit elf Jahren im Gemeinderat und die letzten zwölf Monate waren wohl die ereignisreichsten in der ganzen Zeit. Neben dem Brand, dem Hochwasser und der neuen Führungsstruktur beschäftigte die Gemeinde natürlich auch die Pandemie und seit kurzem der Krieg in der Ukraine. Wann wir Flüchtlinge zugeteilt erhalten, wissen wir aktuell noch nicht, wir gehen aber davon aus.

Deren Unterbringung wäre geklärt?

Die instand gestellte kantonale Unterkunft bietet zwölf Plätze. Wir rechnen mit einer Zuweisung von rund 20 Personen. Im Falle der Zuweisung von Flüchtlingen steht die Anmietung von Wohnungen im Vordergrund. Diese sind vorhanden. Weiter wird auch die mögliche Unterbringung im Iselishof geprüft.

Während Corona konnten viele Feste nicht gefeiert werden. Gibt es Nachholbedarf?

Der Gemeinderat plant auf den 21. Mai ein Fest für die Bevölkerung. Der Alte Friedhof wird eingeweiht, zudem kann auch die neue Aula des sanierten Schulhauses besichtigt werden. Der Gemeinderat nimmt dies zum Anlass, sich im Dorf wieder begegnen und austauschen zu können, da wegen Corona auch der Neujahrs-Apéro ausgefallen ist. Das Bedürfnis der Bevölkerung, sich wieder zu treffen und auszutauschen, ist spürbar. Wir sind dankbar, dass wir die schicksalhaften Ereignisse ohne Schaden an Leib und Leben überstanden haben. Hier hat sich die grosse Solidarität der «Vorewäuder» gezeigt. Eine Eigenschaft, die dieses Dorf auch so einzigartig macht.